158 Erſter Theil. Drittes Buh. Die Folter oder Tortur.
Aehnliche Schauderberihte hat Dr. Georg Pertſ< im Anhang
zu dem Werke des Paſtors Johann Greve von Cleve gegen die Tortur
in einem Nachtrage der Nachwelt aufbewahrt, die man ohne Schauder
niht leſen kann !). Der Verfaſſer ſelbſt behauptet, daß von den wildeſten
Türken, Scyten und Tartaren ſchre>lihere Grauſamkeiten weder erdacht
no ausgeführt worden ſeien.
Dieſe Gräuelthaten fanden ftatt im nördlichen Holland 1576. Der
Urheber dieſer Gräuel mar der Stadthalter Theodor von Sonnoy. Dere
ſelbe Hatte das Verbot des Landftreichens und Bettelns erlaffen, damit
fein Andersgläubiger aus dem fatholifchen Süden eindringen könne. Doh
wurden einige Bettler an verſchiedenen Orten ertappt und gegen 24 ges
fänglih eingezogen. Fünf Commiſſarien waren vom Statthalter ernannt
zu ihrer Verurtheilung. Einige geſtehen glei einzelne ihrer Uebelthaten ;
fie werben dennod) zur Folter gebracht, damit fie auch) einige Bauern zur
Anzeige brächten, die wohl mit ihnen unter einer Dede geſpielt hätten.
Bald find zwei reihe Bauern als Mitfehuldige entdedt. Sofort werden
die Denuncianten ausgeforjcht, ob dieſe ihnen niht Geld gegeben hätten,
damit ſie verſchiedene Orte in Brand ſte>en ſollten, ſobald die Spanier
einen Einfall machen würden. Die Gefragten bejahten es aus Hoffnung
auf ihre Befreiung. Die beiden reihen Bauern wurden nun auf die
entſeylichſte Weiſe torquirk. Als die Bettler dennoh zum Scheiterhaufen
geführt wurden, betheuerte einer vor Gott und allen Menſchen, daß ihre
Ausfage gegen die beiden Bauern erlogen ſei. Dieſer Zeuge, Johann
Triemont, war in der Weije gefoltert worden, daß er 31/, Stunde mit
rüdwärts gebundenen Händen aufgezogen hing, an den Füßen bejchwert
mit einem Gewichte von zwei Gentnern. Während dieſer Zeit laſen die
Commiffarien ihm die Namen von Bauern vor, mit dem Bemerken, ob
die ihnen nicht das Geld zu genanntem Zmwede gegeben hätten. Dann
entfernten fie fih zur Erholung in einer Weinjchente. Nah 31/,ftün-
diger Marter kehrten fie zurüd und verſprachen ihm das Leben, wenn er
ihnen die Bauern nenne, deren Namen fie ihm vorgehalten. Der Ges
marterte beharrte bei der Weigerung und wurde, wie bemerkt, dem Holz-
ſtoße überliefert. Seine Genoſſen blieben niht ſo ſtarlmüthig, ſondern
bejahten die Shuld der auf dem Verzeichniß benannten Perſonen. Faſt
alle von den gefangenen Bettlern haben, wie der anweſende Paſtor Joh.
Ambros bezeugt, ihre eigene und der von ihnen denuncirten Perſonen
Unſchuld bezeugt. Troydem wurden die eingezogenen Bauern, wiewohl nichts
gegen ſie vorlag als das falſche Zeugniß der Hingerichteten, auf furht=
liche Weiſe torquirt. Jakob Cornil wurde mehrere Tage ununterbrochen
1) Tribunal reformatam etc. Joh Grevius, 1737. ©, 539—560,