184 Zweiter Theil. Erſtes Buh. Kampf d. Kirche geg. d. heidn. Yauberwahn.
tivitäts-Stellung, Beſhwörungen galten als religiöſe und bürgerliche Ge-
bräuche. Es pflanzte ſih dieſer Cultus fort nah Syrien und Phöô-
nizien, wo Bel als Bal und Melitta als Aſchera verehrt wurden. Dieſe
als gute Gottheiten erſheinende Weſen hatten aber auch böſe und zer-
ſtörende Götter neben fih, Molo<h und Aſtarte, welche mit grauſamen
Menſchenopfern geehrt wurden. Auch in Kleinaſien, bei Lydiern und
Phrygiern, findet man ein ähnliches Götterſyſtem. Hier heißt die männ-
liche Gottheit Men, und die weiblihe Cybele, welche den gleichen Cultus
genoſſen, wie Bal und Aſchera bei den Syrern. Der Cultus der Aſſyrer
kam dem der Babylonier gleich.
Jn den fru<tbaren Ländern des Ganges und des Jndus breiteten
ih in früheſter Zeit circa 1300 vor Chr. die Arier aus und bildeten
mit den beſiegten Eingeborenen verſchiedene Staatengruppen. Die religiöſe
Seite ihres Culturlebens wurzelte im Brahmanismus, ſpäter im Bud-
dhismus. Die Lehre des Brahma iſ eine mehr ſpeculativ ſpiritiſtiſche.
Die Götter ſind dem Brahma, dem puren Geiſte unterworfen , welcher
in den Prieſtern lebt und dur Gebet und Opfer veranlaßt wird, ſeine
Zaubermacht über die Götter auszuüben. Des Menſchen Aufgabe da-
gegen ift, in Brahma ein- und in ihm aufzugehen. Daher die ſinnloſe
Asceſe, die den menſhlihen Körper peinigt und aufreibt nad) Art der
Fakire. Die Vedas enthalten die Grundzüge dieſer Religion , deren
Syſtem (der Brahmanismus) pantheiftiih if. Denn der Brahma reprä-
ſentirt die Einheit, aus wel<hem die Vielheit hervorgeht und in ihm fi
wieder ſammelt. Doch dieſes mehr abſtrakte und ascetiſhe Religions-
ſyſtem, von einer alles beherrſchenden Prieſterkaſte getragen, wurde ſpäter
umgewandelt durch den mehr realiftiihen, dem Materiellen zugekehrten
Buddhismus, Manu ift zum vberften Gefeßgeber gemorden; Viſhnu aber
iſt der große Wohlthäter aller Dinge. Auch dieſen nahmen ſpäter die
Brahmanen no< neben Brahma an. Sie hatten alſo drei Götter,
Brahma als Schöpfer, Viſhnu als Regierer und Erhalter und Ciwa als
den Gott der Zerſtörung und feindlichen Macht.
Jn Jran bei Baktrern und Perſern herrſchte die Religon Zoroaſter's,
des Vollenders und Reformators des Buddhismus. Jn ſeiner Zenda-
veſta erſcheint er als der Vollender des religiöſen Dualismus, indem er
die beiden ſih entgegenſtehenden Prinzipien, Ormuzd und Ahriman, bis
faſt zur vollen Gleichheit ausbildet !). Jhr Gegenſaß wird niht wie bei
Jndern in Geiſt und Materie gefunden, vielmehr iſ derſelbe ſymboliſirt
in Licht und Finſterniß. Während der Brahmane die Selbſtvernihtung
1) Rostoff I. 122. Jm Gegenja zu Döllinger, welcher eine Priorität und
Superiorität des Ormuzd annimmt.