Erſtes Kapitel. Der Zauberglaube im Heibenthum. 189
Aberglaubens und des Majeſtätsverbrechens, weil ſie den Kaiſer-Göttern
niht ovyfern wollten, Für dieſes Verbrechen erlitten ſie die Tortur, wie
Plinius der jüngere in feinem Schreiben an Trajan von zwei chriftlichen
Sclavinnen berichtet. Kein Wunder, daß die Chriſten in den heidniſchen
Göttern reale Mächte, Mächte der Finfternig ſehen.
Allgemein herrſchte der Glaube in Rom an die Wahrheit verfün-
dende Träume und Traumgeſihhte. Selbſt der Sceptiker Plinius der
Aeltere gab fie zu. Eine große Bedeutung erlangten die ſogenannten
Heilträume, in welchen ein beſonders verehrter Gott, namentli<h Aes
culap, dem Kranken das Heilmittel offenbarte, zumal wenn er in ſeinem
Tempel {lief , wofür außer dem Gaukler Alexander von Abonoteihhos
ſpeciell Ariſtides !) eintrat, weil er dieſes an ſi ſelbſt erfahren haben
wollte. Außerdem hielt man noh feſt an der Form der Weiſſagungen
dur< Haruſpicien und Beſhauung der Eingeweiden der Thiere. Auch
Zulian glaubte an die Vogelſhau. Ebenſo ſtark war der Glaube an
die prodigia (Vorbedeutungen) zur Zeit der Kaiſer im Volke verbreitet.
Jm 2. Jahrhundert ſpielte die Aſtrologie bei den Gebildeten eine große
Rolle. Denn man glaubte feſt an das Fatum der Nativität. Man
hielt feft an der Meinung, daß mit der Geburt unter einem verhängniß-
vollen Sterne auh das Schi>ſal des Neugeborenen beſtimmt ſei. Der
Glaube an die Unſterblichkeit der Seele von Stoikern und Platonikern
vertheidigt , wie z. B. von Maximus von Tyrus, Apuleius , Plutarch,
Pauſanias, Cicero, Seneca, brachte es mit fih, daß man auh an Geiſter-
erſcheinungen glaubte. Die Seelen der guten Menſchen wurden als
Laren verehrt , die der böſen als Lemuren gefürchtet, Den lehtern wur-
den darum, um ſie zu beſhwichtigen, Verſöhnungsopfer „Lemurien“ bes
reitet, namentlih in den Nähten des 11., 13. und 19. Mai.
Die Nekromantie oder Todtenbeſhwörung war eine Liebling3beſchäf-
tigung der römiſchen Kaiſer, eines Nero, Caracala, Eliogabal , Julia-
nus, wobei die zwei lezteren, nah Dio’s Bericht, Kinder \<lachten ließen.
Die Beſchreibung der Todtenbeſhwörung mat, auh an und für fid)
betrachtet, nicht den Eindrud eines Phantafiegemäldes. Shre Einzel«
heiten laffen fi faſt Punkt für Punkt aus anderen ähnlichen Schilde
rungen belegen ; daß der Geiſt nur auf Befragen Antwort gibt, aber
von ſelbſt nicht redet , iſ eine für Geiſterbeſhwörung faſt nothwendige
Borausfegung; und daß die Hexe eine Leiche wählt, deren Lunge un-
verſehrt iſt , weil der Todte ſonſt nicht ſprechen fann, ift aud) ſ{<werlih
1) Zu welchen Mißbräuchen und Betrügereien dieſe Nächtigungen im Tempel
zuweilen dienten, lehrt die Geſchichte der Römerin Paulina bei Flavius Jos
ſephus, Alterthümer. XVIII. 4.
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