Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

Zwveites Kapitel. Der Glaube des Chriftenthums. 193 
Verſuchungen Chriſti beſtanden. Matth. TV, 1—12. Dieſe dreifache Luft 
wird aud kurzweg die „Concupiscenz“ oder Begierlichkeit genannt. 
Sat, I, 14. „Ein jeder wird verſuht, indem er von ſeiner eigenen 
Luſt gereizt und gelo>t wird.“ Weil dieſe aus der Erbſünde ſtammt 
und in der heiligen Taufe nicht ausgelöſht wird, hat der Satan noh 
an ihr ein Mittel, jelbft die Getauften und die Geheiligten zu verſuchen. 
Er kann unſihtbar den Menſchen beeinfluſſen; er kann die Gedanken, 
die Vorſtellungen, das Gedächtniß, die Phantaſie, das Gefühl beeinfluſſen ; 
nur den freien Willen allein kann er niht bewegen. Die heil. Katha- 
rina von Siena ſtellt dieſes Verhältniß dar im Bilde einer belagerten 
Stadt oder Feſtung. Es ſtehe ihm zu, die Außenforts, Empfindung, Ge= 
danken, zu befeßen durch eigene Macht; aber das Bollwerk der Seele, die 
Gitadelle des freien Willens, könne er nur einnehmen durch Gapitulation. 
An Anbetracht dieſer Lage, iſt es des Chriſten Pflicht, ſtets auf der Hut 
zu ſein. „Wachet und betet, damit ihr niht fallet in die Verſuchung ; 
der Geiſt iſt zwar willig, aber das Fleiſh iſt ſ{hwa<h.“ Während- die 
Guten, melde Gott dienen, ihre Willensfreiheit bewahren, können Jene, 
welche der Verſu<ung na<hgeben und dem Satan dienen, ihren freien 
Willen niht behalten, ſondern ſie werden Sclaven der Leidenſchaft und 
Knechte des Satans. „Wer Sünde thut, wird der Sünde Knecht.“ 
Es iſt das „die Macht der Finſterniß“, Lukas XXII, 53., Kol. I, 13, 
wel<he Gott duldet bis zum Ende der Zeiten. Dann wird er ih Alles 
zu Füßen legen, wenn er Alles in Allem erfüllt. 
Die Dienſtbarkeit des Satans offenbart ſih in einem immerwähren- 
den Haſſe gegen Gott, daher „Geiſt der Bosheit“ genannt ; gegen Chriſtus, 
ſein Reih und ſeine Jünger. „Wenn die Welt eu<h haßt, ſo wiſſet, 
daß ſie mih zuerſt gehaßt hat.“ Joh. XV, 18. Aber dieſer Haß er 
zeugt auh Werke der Bosheit als Beſchädigungen, Nachtheile, Ver- 
folgungen. 
„Der Knecht ift nicht mehr als ſein Herr: haben fie mich verfolgt, 
jo werden fie auch euch verfolgen.” Joh. XV, 20. Die Böſen ſind in 
der Hand des Satans deſſen Werkzeuge, mittelſt deren er die Werke der 
Bosheit vollbringt. Wie es die Art des Unkrautes ift, den Weizen zu 
erftiden, nicht umgekehrt, des Weizen Art das Unkraut zu erſti>en, ſo 
iſt es der Charakter und die Natur der böſen Menſchen, die Guten ſtets 
zu verfolgen, und wenn mögli, zu vertilgen. Dieſe verhalten ſi ſtets 
paſſiv, jene dagegen ſind aggreſſiv. Wenn daher die Kirche von Ver- 
folgungen ſpricht, ſo wird ſelten die Bemerkung bezüglich des Urſprunges 
fehlen, daß es geſchehe suadente diabolo, d. h. auf Eingebung des 
Satans. 
Vor Chriſti Erlöſungstod hatte der Satan eine größere, weil 
Diefenba<, Der Hexenwahn. 13 
  
  
  
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