194 Zweiter Theil. Erſtes Buch. Kampf d. Kirche geg. d. heidn. Zauberwahn.
uneingeſchränkte Macht über die Menſchen. Er konnte ſeine natürlichen
Kenntniſſe und ſeine natürlichen Kräfte, als die eines Engels höherer
Ordnung, den Menſchen leihen zur Ausübung von übermenſchlichen
Werken und zur Erzielung eines mehr als menſhli<hen Wiſſens. Das
Verlangen der Menſchen nah beiden, nach höherem Wiſſen und nah
höherer Macht, iſt angeboren. Dem Chriſten iſ die Befriedigung dieſes
Dranges zugefichert in der Hingabe an Gott, im Glauben und in der
Heiligung durch die göttlihe Gnade. „Wer von dieſem Waſſer trinkt,
wird nimmer dürften.“ Joh. TV, 13. „Jm Glauben werdet ihr Berge
verſegen können.“ Matth. XVII, 19. Der Satan vermag nichts gegen
ihn. „Wenn Gott mit ‘uns iſt, kann nichts wider uns fein.” Röm.
VIII, 31.
Das ift aud) die Lehre der Väter. Unter den apoſtoliſchen Vätern
finden wir im Briefe Barnabas im zweiten Theile eine Schilderung
von zwei Wegen , welche der ſpäteren Darſtellung von zwei Reichen auf
dieſer Welt ſehr ähnlich iſt !). Dort heißt es: „Zwei Wege gibt es, der
Lehre und der Gewalt; Einer des Lichtes, der andere der Finſterniß.
Dem erſten ſind die Engel Gottes, dem zweiten die Engel des Satans
vorgeſezt 2).“ Jn den folgenden Abſchnitten 19 und 20 werden die
beiden Wege weiter erklärt. Jn dieſem Wege der Finſterniß findet man
Alles, was die Seele der Menſchen verdirbt : Gößendienft, Menſchen-
mord, Bosheit, Giftmiſcherei, Zauberei, Habſucht. Jn ſeinem Briefe an
die Magneſier preiſt Jgnatius die Vereinigung mit Chriſtus und dem
Vater, in welcher wir, „troy aller Macht und Gewalt des Fürſten dieſer
Welt“ ſicgreih hervorgehen und zu Gott gelangen. L. c. 177. Jm
Paſtor des Hermas, im zweiten Buche ſe<hſter Unterweiſung, werden Vor-=
ſchriften ertheilt über die zwei „Genien“ und beiderſeitigen Eingebungen.
Zwei „Genien“ gibt es beim Menſchen, einer der Gerechtigkeit, der
andere der Ungerechtigkeit. Der gute Genius ift Gott, und dieſer iſ zu
fürhten. Der Teufel aber ift nicht zu fürchten; denn wer Gott fürhtet7
herrſchet über Jenen, weil er keine Macht hat. Wer aber keine Macht
hat, der ift auch nicht zu fürchten?). Dieſelbe Ermahnung kehrt in der
1) So beim heil. Auguſtinus in ſeiner »civitas Dei«, welcher er eine
»civitas diaboli« gegenüberſtellt, vorgebildet in den beiden Söhnen Adams, Kain
und Abel. Daſſelbe ſtellt der heil. Jgnatius von Loyola in dem Bilde von den
zwei Fahnen und zwei Herrſchern dar, welche ihre Soldaten zum Kampfe unter
ihre Fahnen rufen. Exercitia spiritualia de duobus vexillis IVa die hebdom.
ae: Editio Romae 1870. ©. 77.
2) Hefele, Patr. apost. opera. ©. 42.
3) L. c. ©. 363. Hermas II mand. 7 u. 12: „Den Teufel fürchtet nicht,
denn in ihm ift feine Obmadt: er fann nicht objiegen über die Sinechte Gottes,
welche von ganzem Herzen auf ihn hoffen.” Cf, Dswald, Angelologie. 176,