Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
  
  
198 Zweiter Theil. Erſtes Buh. Kampf d. Kirche geg. d. heidn. Zauberwahn. 
Ketten und Banden, verſtand die Sprache aller Völker und erwe>te ſelbſt 
Todte wieder zum Leben. Unter Nero wurde er des Betruges und der 
Zauberei angeklagt, entging jedo<ß aus unbekannten Gründen der 
Strafe 1), “ 
Unter den Formen der Weiſſagung waren die Haruspicien — 
Opfer-, Vogel- und Eingeweideſhau — die älteften und volfsthümlichften 
neben dem Glauben an Vorzeichen; dagegen unter den Gebildeten der 
Kaiſerzeit die Sterndeutung, Aſtrologie , die beliebteſte. Aber auch die 
Aſtrologen, „Mathematici“ genannt, wurden duch ihren Einfluß zu- 
weilen unbequem, und deshalb unter Tiberius und ſpäter dur< Diocletian 
verbannt. Gegen dieſelben richteten ſih die Verbote der Chriſten. Die 
apoſtoliſchen Conſtitutionen ?) ſhließen die Aſtrologen von der Taufe 
aus. Nach dem Zeugniſſe Auguſtins) ſteltten ſie das Schi>ſal der 
Menſchen in den Einfluß der Geſtirne und ließen ſelbſt den menſ{<lihen 
Körper den Himmelszeichen nachgebildet ſein, ſo daß z.-B. der Kopf 
den Widder, der Hals den Stier, die beiden Schultern die Zwillinge, 
die Bruſt den Krebs u. ſt. w. vorſtellen, bis zu den Ferſen, welche die 
Fiſche bedeuten. Au die Priscillianiſten glaubten an die ſideriſchen 
Einflüſſe, und wurden deshalb vom erſten Concil von Toledo ‘verdammt. 
Nah Sozomenus war Biſchof Cuſebius von Emeſa von dieſem Aber- 
glauben angeftelt und mußte die Flucht ergreifen. Ebenſo wurde 
Aquila Ponticus na< Epiphanius Bericht aus der Kirche ausgeichloffen. 
Dasſelbe berichtet Auguſtin von einem Zeitgenoſſen #4). 
Nach demſelben Heiligen gab es auh ſ{hon zu jener Zeit Nativitäts- 
ſteller, welhe aus der Stellung der Sterne die zukünftigen Schitjale 
eines Neugeborenen vorherbeſtimmen wollten®). Viele alte Kirchenſchrift- 
ſteller, Tertullian, Origenes , Lactantius, Euſebius und andere halten 
dieſe Arten von Weiſſagung für abgöttiih und ſchreiben ſie dem Dämon, 
zu. Alle diejenigen, welche ſi< auf Vogelſhau und Looſeziehen verlegten 
und an deren Wirklichkeit glaubten, wurden mit kirhlihen Strafen be- 
legt. Sie beſtand nah den apoſtoliſhen Conſtitutionen in dem Banne, 
und dieſe Strafe wurde auf verſchiedenen Concilien beſtätigt. Der 
Glaube an die Zukunfts-Looſe blühte beſonders in Gallien, weshalb aud) 
1) Hermann Schiller, Geſchichte des römiſchen Kaiſerreiches unter Nero. 
Berlin 1872. S. 586, Friedländer nennt die Biographie dieſes Apollonius einen 
Tendenz-Roman des Philoſtratus. 3. 461. Eine eingehende Kritik der Wunder 
des Apollonius gab Tritheim in einem Briefe an den Biſchof von Lebus Ep. 
tam. I. 1. ep. 49, Sielbernagel, II. Aufl. 212, 
2) Lib, 8, Kap. 32. — 3) Auguſtin de Haeres. cap. 70. 
4) Auguſtin zu Pſalm 61. 
5) Aug. de doctr. Christi lib, 2, cap. 21.
	        
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