Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Viertes Kapitel. Der Sieg des Chriſtenthums. 207 
was Einige vorgeben , ſie könnten Gewitter erregen oder die Gemüther 
der Menſchen umändern? Daß es Weiber gebe, die durh Zauberkunſt 
die Gemüther der Menſchen umändern, Haß in Liebe und Liebe in Haß 
verwandeln oder die Güter der Menſchen dur<h ihre Zaubereien beſhä- 
digen oder ſtehlen können? Haft du geglaubt, was manche gottlofe, 
vom Teufel verblendete Weiber vorgeben, daß ſie zur Nachtzeit mit der 
angeblihen Göttin Holda. und einer großen Menge von Weibern auf 
Thieren reiten, ihr als einer Frau gehorchen und zu ihrem Dienſte in 
andern Nächten gerufen werden?“ Für den Fall der Bejahung der Frage 
iſt für jedes abergläubiſhe Vergehen die entſprehende Buße ver- 
zeichnet !), 
Zur Zeit Kaiſer Lothars und König Ludwigs wurde unter dem 
Erzbiſchof Angilbert von Mailand eine Synode in Regia Ticina 
(Pavia) 850 gehalten ?). Jm Kapitel 25 wird beſtimmt: „Weil wir 
gehört, wie die peſtartigen Wurzeln und Ueberreſte magiſcher Künſte fo 
ſehr zugenommen haben , daß gewiſſe Hexen in den Herzen Anderer un- 
erlaubte Liebe oder Haß erzeugen ſollen, auh einige ſo zauberiſ<h ſeien, 
daß ſie na< dem Geſchrei des Volkes einige getödtet haben, ſo ſollen 
derartige teufliſhe Werkzeuge, wenn ſie nah fleißiger Nachforſchung ent- 
larbt find, mit den härteften Bupen gezühtigt werden und dürfen nur 
im Augenbli>e des Todes, wenn fie vorher würdige Buße verrichtet 
haben, wieder aufgenommen werden.“ Shließlich ſei noh erwähnt, daß 
Papſt Leo IV. im Jahre 849 ein Shreiben an die engliſchen Biſchöfe 
gerichtet hat, worin er den Gebrauch der Sortes 3) als Zauberei erklärt 
und mit dem Banne belegt; ſowie daß Nicolaus I. 866 in dem 
Shreiben an die Bulgaren in No. 62 den als Medicament gebrauchten 
ſogen. Wunderftein verbietet und in No. 77 die bei den Griechen ges 
bräuchlichen fogen. Sortes sanctorum als Aberglaube cenſurirt *). Von 
Seiten der meltlihen Gewalt wurden ebenfalls dergleichen Strafe 
beſtimmungen, namentlih dur Karl den Großen, feſtgeſezt. Schon 
Karlmann hatte in ſeinen Kapitularien Wahrjagerei, Philacterien und 
geheime Formeln unterſagt, 742 und 743. Karl der Große läßt in 
1) Hiſt. pol. Blätter 47, 911. 
2) C. L. Richard, Anal. Concil. V. ©. 94. Die Canones ſind mitgetheilt : 
Henrici Canisii Thes. monum. eccl. sive lect. antiguae II. b. 366, ed. Jacob 
Basnage. Cf. Hefele C.-Geſchichte IV. 170, Can. 23. 
3) Unter den »Sortes« waren die »Sanctorum« oder »Apostolorum« am 
gebräuchlichſten. Darunter verſtand maz das Aufſchlagen von Bibelſtellen, in 
der Meinung, die erſte beſte ſei ein Fingerzeig Gottes. Dur<h Alexander Ik. 
wurden ſie verboten. 
4) Hefele C.-Geſch. IV. 335. 
  
  
 
	        
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