Bweites Bud.
Die Kirche und der häretiſhe Aberglauben im
Mittelalter 1000-1500,
Erſtes Kapitel.
Der Kampf der KHirde gegen den Manidäismus der Katharer.
Bm 8. und 9. Jahrhundert der <riſtlihen Aera war der heidniſche
Aberglaube bei den chriftlihen Völkern des Abendlandes im großen
Ganzen überwunden; er konnte nur no<h im Verborgenen fortglimmen.
Daß er bei einzelnen Menſchen ſtets und immer gefunden werden wird, ift
ebenſo natürlich, als daß bei den Einzelnen ſtets Sünden gefunden wers
den. Der Unterſchied gegen früher beſtand nur darin, daß der Aberglaube
feine Öffentliche Macht mehr darſtellte. Er war von der Kirche und dem
éhriſilihen Staate zugleih verbannt worden. Jndeſſen, weil er in der
fündhaften Neigung der menfhlichen Natur feinen Urſprung hatte, ſeine
Nahrung ſog, und fi fo fortpflanzte, ſo darf es niht überraſchen, wenn
bei geiſtigen Erſchütterungen und gewaltigen Erregungen des Volk8geiſtes
dieſe bisher latenten Auswüchſe wieder hervorbrehen. Eine ſolche geiſtige
Erſchütterung brachte aber die Vollendung des erſten Jahrtauſend hriſt-
licher Zeitrechnung hervor.
Aus einer mißverftandenen Stelle der heiligen Schrift!) wollte man
mit Ablauf des erſten hriftlihen Jahrtaufends mit Gewißheit das Welt-
ende vorausſehen. Die Beunruhigung war allgemein und verurſachte bei
Wenigen nur Ernſt und frommes Verhalten, bei der Mehrzahl hingegen
eine frivole und leichtfertige Geſinnung, wie es in der Schrift heißt :
„Laſſet uns heute tanzen und fingen, denn morgen werden wir nicht
mehr ſein.“ Der Chiliasmus, wie ihn einſ Origenes gelehrt, war
1) Geheime Offenbarung Johannis, Kapitel 20, 1—3. Jh ſah einen Engel
niederfahren vom Himmel, der hatte den Schlüſſel des Abgrundes und eine große
Kette in ſeiner Hand; und er faßte den Drachen, die alte Schlange, welche ift der
Teufel und Satan, und feſſelte ihn auf 1000 Jahre; und warf ihn in den Ab-
grund, und verſchloß und verſiegelte über ihm, daß er niht mehr verführe die
Völker bis 1000 Jahre vollendet wären: und darna< muß er losgelaſſen werden
auf kurze Zeit.
Diefenba<, Der Hexenwahn. 14
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