Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
228 Zweiter Theil. Zweites Buch, Die Kirche und der häretifche Aberglauben x. 
holet, fie werden verworfen, verdammt, und mit gerechten Strafen beleget. 
Wir geben hiervon einen klaren Beweis. Die Sterndeut-Kunſt und ihre 
Wahrſagung aus der Stellung der Sternen, aus dem Geburts - Stern 
u. dgl. werden in päpſtlichen Bullen verworfen, verdammt und beſtrafet. 
Folget aber nun hieraus, daß der päpſtlihe Richter ſolher Kunſt die 
mindeſte Wirklichkeit, ja nur Wahrſcheinlihkeit zueigne , eingeſtehe oder 
behaupte ? Oder iſ niht aller Welt bekannt, daß ſie ſo wenig Wahrheit 
und Wirklichkeit in ſih begreife, als die gleihmäßig verdammte Kabbala ? 
Es wird verboten, beſtrafet und verworfen, Aberglauben in Heylung der 
Krankheiten, der Menſchen und des Viehes anzuwenden. Alſo wird 
ſolchem Aberglauben eine Wirklichkeit oder Wahrheit zugeſtanden ? Man 
verbietet, man verwirft , man beſtraffet die Alhymiſterey und dergleichen 
aberwißige Künſten. Alſo wird das Goldmachen, das Schayzgraben, das 
Geiſter-Beſhwören u. dgl. als eine wahre, wirkliche und wirkende Kunſt 
behauptet ? Können die Sterndeuter wirklich wahrſagen ? Die Cabbaliſten 
das Verborgene entveden? Die alte Weiber Fieber mit Zettuln heylen? 
Die Aldymiften Gold machen? Die Schabgräber Teufel bannen? 
Die abergläubige Menſchen, ſagt Sixtus V. in feiner Bulle, werden von 
den Blendwerken und Betrügereien des Teufels verführet und angeführet. 
0. « Wenn wir alſo die Abſicht und den Jnhalt der päpſtlichen Bullen 
betraten, ſo beſtehen ſie niht in dem, daß ſie die Wirklichkeit und 
Kraft der Zauberkunſt erhärten wollen, indem hiervon niemal eine Frage 
oder Unterſuhung angeſtellet worden : ſondern ſie wollten nur die Chriſten 
belehren, daß dergleichen Unternehmungen, Handlungen, Verſuche u. dgl. 
einem Rechtgläubigen zu verabjcheuende, und mit den gerechten Strafen 
zu ahndende Dinge wäre. Die in ſelben angebrahte Geſchichte, Um- 
flände und Werke werden angeführet, ſo wie ſie von den Anklägern 
vorgebra<t und von der allgemeinen Meinung ſelbiger Zeiten angegeben 
worden. Es iſ alſo zu verwundern, daß unfere Gegner fie zum Be- 
weiſe der Wirklichkeit der Zauberkunſt zu mißbrauchen ſi< können bey- 
fallen laſſen !),“ 
Ein Zweiter, Tartarotti, ſchreibt: „Solche päpſtlihe Bullen erweiſen 
die Zauberkunſt nicht: nein, ſie ſehen ſie voraus, und enticheiden nichts, 
als nur in den angeblichen Bedingniſſen, wenn ſie ſind. Es mißbrauchen 
alſo die Gegner den Sinn und das Urtheil der Kirche. Dieſes ſind 
prächtige Namen , die gewiſſen Menſchen Sand in die Augen ſtreuen, 
daß ſie niht unterſcheiden können, als wenn ſolche Verordnungen: die 
1) Die Nichtigkeit der Hexerei und Zauberkunſt von Ardoino Ubbidente 
- Dell’ Dſa, Frankfurt 1766, S. 426 ff.
	        
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