Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
  
  
  
  
  
230 Zweiter Theil. Zweites Buch. Die Kirche und der häretifche Aberglauben 2c. 
berühmter als ſein Lehrer wurde des Libanius Schüler Tritheim, in deſſen 
Schriften des Pelagius Bücher eine Rolle ſpielen !). 
2, Thomas Campanella aus dem Dominicanerorden gehört ſchon 
mehr der neueren Zeit an; geboren 1568, ſtarb er 1639. Unter ſeinen 
Schriften ift jene »De sensu rerum et magia« für unſeren Gegen- 
ſtand bedeutungsvoll. Sie liefert den Nachweis, daß jede Magie nur 
eine natürliche ſein könne ?). 
3. Thomas Murner, geboren 1475 zu Straßburg, trat 1499 
in den Yrancidcanerorden. Er führte ein bewegtes unſtätes Leben. Als 
Poet wurde er 1508 zu Straßburg dur Kaiſer Maximilian mit dem 
Lorbeer gekrönt. Nach öfterem Wechſel ſeines. Aufenthaltsortes wurde er 
1526 Profeſſor der Theologie und Pfarrer zu Luzern. Nah drei Jahren 
verließ er au< dieſe Stadt und ſtarb 1536. Außer ſeinen bekannten 
poetiſch-didactiſchen Werken, „die Narrenbeſhwörung“ 2) und „die Schel- 
menzunft“, verfaßte er ein Tractat unter dem Titel: „Des Bruders 
Thomas Murner, der freien Künſte Meiſter, ſehr nüßlicher Tractat über 
den Hexencontract 2c.“ Er gab ihm die Form eines Dialogs, eine Nach- 
ahmung des Tractates von Ulrich Molitor. Die redenden Perſonen ſind: 
Thomas Murner, Johann Mornher und Caspar von Morsperg. Die 
beiden lehtgenannten bringen Einwände und Bedenken über die wichtige 
Frage vom Urſprung des Böſen, und zwar aus dem Grunde, weil Gott 
ſelbſt als die erſte Urſache alles Seienden gelte. Nach Art der Scholaſtiker 
löſt Murner dieſe Frage mit Berufung auf Ariſtoteles, Albertus Magnus, 
Duns Scotus und andere Theologen. Sie einigen fi dahin: Gott ſei 
die Grundurfade von allem Seienden. Aber neben ihm gebe es noh 
Secundär-Urſacen, z. B. die Sterne, mit ihrem natürlichen Einfluß auf 
alles Jrdiſche #); ferner die allem Seienden anhaftende Defectibilität. 
Die Ligaturen ſind Wirkungen der Jntelligenz, als natürliche höhere 
Gewalt des Geiſtes über das Körperliche. 
I. Juriſten. 
1. Ulri< Molitor aus Conſtanz hatte in Pavia die Rechte 
ſtudirt und war in ſeiner Vaterſtadt zum Procurator an der biſchöflichen 
1) Silbernagel, Joh. Tritheim S. 147. Unter Pelagius iſ der gelehrte 
Ferrandus von Corduba zu verſtehen. 
2) Siehe Verzeichniß feiner Schriften. Haffner, Geſch. d. Philoſ. S. 756. 
3) Auch Sebaſtian Brand in ſeinem „Narrenſchiff“ vertritt in dieſer Frage 
eine vernünftigere Anſchauung. 
4) Hugo Grotius, »De veritate religionis christi« pag. 87 gibt gleiche 
Anſichten kund. Quid quaeris stellae, quovis loco, aut constitutione vel designent 
vel gignant, perspicuit diabolus integerrime : Moebius, oracula ethn. S, 70,
	        
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