236 Zweiter Theil. Zweites Buch. Die Kirche und der häretiſche Aberglauben 2c.
lung als zum Beweiſe aufgenommen habe.“ Das ihm zugeſchriebene
vierte Buh iſ unterſhoben. Die Ausgabe von 1531 ift eine ver-
mehrte und verbeſſerte und enthält ein Huldigungsjchreiben an feinen
Gönner, den Kurfürſten Hermann von Wied zu Köln, welder ihm zu
Bonn ein ſtilles und vertrautes Aſyl eröffnet hatte 1).
Jn demſelben Jahre erſchien ſein zweites größeres Werk unter dem
Titel : »De vanitate et incernitudine scientiarium.« Die Tendenz
dieſes Buches iſt im Titel angedeutet und in der Vorrede ausgeſprochen.
Er wollte die irrigen Anſchauungen ſeiner Jugend, wie ſie in ſeinem
erſten Werke an den Tag getreten , retractiren?). Hatte er als junger
Dann dem Glauben gelebt, Alles erforſchen zu können, ſo war er im
reiferen Alter dem ſokratiſhen Axiome nahe gekommen: „Jh weiß , daß
ih nicht? weiß.“ Jn 102 Titeln geißelt er die ſittlichen und geiſtigen
Schäden der damaligen Geſellſchaft ; er hont weder Papſt no< Biſchöfe,
weder Kaiſer noh Könige. Die träumeriſchen Vorſtellungen der ſ{hwarzen
Magie begießt er mit ſarkaſtiſhem Spotte.
Es iſt ſehr zu verwundern , daß Soldan-Heppe in der Beſprehung
Agrippas von Nettesheim ſi eines zweifachen Jrrthumes \{<uldig mat.
Erftli irrt er in der Zeitfolge des Erſcheinens beider Werke. Er läßt
die occulta philosophia dem Werke über die Eitelkeiten der Wiſſen-
ſchaften na<hfolgen, während in Wirklichkeit die umgekehrte Folge die
rihtige iſt. Sodann vindicirt er dem vermeintlichen zweiten Werke (der
geheimen Philoſophie) die Tendenz einer Bekämpfung des Zauberglau-
bens, während dasſelbe in Wirklichkeit dieſen Glauben begünſtigt. Eine
ſolche Tendenz kann nur in dem Buche De vanitate gefunden werden.
Zum Beweiſe der Priorität der Schrift über die geheime Philoſophie ver-
weiſe i< auf eine Bemerkung in dem Buche De vanitate etc. Dort
heißt es im Titel: Ueber Theurgie. „Weitläufig haben wir über dieſe
Theurgie in unſeren Büchern über die geheime Philoſophie abgehandelt >).“
3. Dr. Johann Weyer, au< Piscarius genannt, war 1515 zu
Grave an der Maas geboren als Sohn eines Kaufmanns. Seinen
erſten Unterricht empfing er zu Herzogenbuſh. 1531 finden wir ihn
als Schüler bei Agrippa in Bonn in jenem Hauſe, wel<hes Kurfürſt
Hermann von Wied ſeinem Lehrer angewieſen hatte. 1534—1537 ftu-
dirte er zu Paris Medicin und erwarb den Doctorgrad. Jm folgenden
Jahre erſchienen aus ſeiner Feder die Erſtlinge ſeiner Muße: Poemata
1) Binz, Dr. Joh. Weyer S. 20.
2) In libro nostro de vanitate etc. hunc librum de occ. phil, magna
ex parte retractavi. Borrede zu ber occ. philos. ©. 3.
3) Siehe Binz, Dr. Joh. Weyer S. 15,