Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Erſtes Kapitel. Der neue Baum der Erkenntniß des Guten und Böſen, 249 
Evangelien-Bildern gemahlet wird, als wenn der Teufel den 
Herrn Chriſtum dur< die Lufft auf die Thurmſpiße eines Tempels 
führet, der etwa wie unſer rother Thurm in Halle gebaut iſ, zumal 
wir {hon damahl3 wußten, daß die Zinne des Tempels mehr einem 
Altane als einer Thurmſpize zu vergleichen ſei, au< man auf einer 
ordentlichen Treppe hinaufzuſteigen pflegte.“ Hierna<h wird aud) unfer 
Urtheil begründet erſcheinen, wenn wir annehmen, daß dur vollſtändige 
Ueberſezung der heiligen Schrift und deren Verwendung als Volk sbu @<, 
insbeſondere durch Verbreitung von Bilderbibeln, man ſeitens der Pro- 
teſtanten unfreiwillig dem Zauberglauben Vorſchub geleiſtet hat. Denn 
die in den Köpfen {wärmenden Jdeen, welche man aus abergläubiſchen 
Büchern geſogen hatte, ſchienen dur< viele Stellen und Erzählungen 
der heiligen Schrift über Zauberei ihre Beſtätigung zu finden. 
Daß Saul eine Zauberin befragte, welche den Geiſt Samuels herauf- 
beſ<hwor, wurde eine Stüße für den Hexenglauben im Volke. Das Ges 
bot, IT Buh Moſes XXII, 48 „Die Zauberin ſollſt du niht leben laſſen,“ 
wurde eine Ermunterung für den Richter, für die bibelgläubigen Juriſten, 
die Hexen ohne Erbarmen zu verbrennen. 
Man kann deßhalb die Behauptung wagen, daß Luther mit ſeiner 
Ueberjegung des alten Teftamentes und dur deſſen Verbreitung als Volk3- 
bu, wenn au unabſichtlich, dem Hexenwahne großen Vorſchub geleiſtet hat. 
Andere Factoren, welche faſt gleichzeitig noh mitwirkten , find kurz 
zu erwähnen. 
1. Das Erſcheinen ‘der herumziehenden Zigeunerbanden , welthes 
aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts datirt. 
Heutzutage noh find die Zigeuner die Träger eines graſſen Aber- 
glaubens, und fürchtet ſi< das Landvolk vor ihnen als Zauberern. Wo 
eine braune Geſtalt fi) in der Nähe einer Hütte bliden läßt, eilt jedes 
alte Mütterchen, die Thüre wohl zu verſchließen !). 
2. Auch das Juſtitut der „fahrenden Schüler“ hatte theilweiſe ſeine 
Exiſtenz auf den Erwerb dur< abergläubiſche Händel gegründet. Sie 
wußten dem Frauengeſcle<hte fich intereſſant zu machen und Sympathien 
zu erweden dur< Mittheilung von geheimen Heilmitteln und von Schub 
mitteln gegen den Böſen ?). 
3. Entſtanden am Anfange des 16. Jahrhunderts die Hochſchulen 
des Aberglaubens und Hexenwahns in den ſog. „Heimgarten“ oder 
Spinnſtuben , wie ſie in unſerer Zeit genannt werden. Hier wurden 
während des Winters bei dunkler Nacht die abenteuerlihſten Erzählungen 
1) Dr. Fromann de fascin. S, 524 u. ff. 
2) Karl Unkel Berthold von Regensburg, 96. 
  
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