272 Ziveiter Theil. Drittes Buch. Kampf d. Kirche geg. d. Hexenwahn (1500—1800).
eines Menſchen zur Hingabe ſeiner Seele gegen Hilfe des Satans, um an
andern Menſchen Sthaden zu ſtiften, denkbar und ſtatthaft.
„Jnſofern kann ſi zwiſhen Menſh und Satan ein engere frei»
gewolltes Band knüpfen. Allein ebenſo gewiß iſt es, daß ein folder
„Vertrag“, weil durchaus unfittli< und unerlaubt, keinen Rechtsbeſtand
haben kann und in jedem Moment von dem Menden dur) wahre Be-
fehrung gelöſt werden fann 1).
Es if deßhalb ein abergläubiſcher , jeder Wahrheit entbehrender
Wahn, daß es Mittel, die ſog. Kunſt der (ſchwarzen) Magie gebe, wodurh
der Menſh im Stande wäre, nah ſeinem Willen Geiſter zu citiren und
zu bannen, oder dämoniſche Kräfte ſi dienſtbar zu machen... Indem
die Kirche daher alles Wahrſager- und Zauberweſen als gottloſen Aber-
glauben verwirft und verbietet, iſt ſie weit entfernt , dieſem Aberglauben
ſelbſt, wie man behauptet hat, eine Beſtätigung und einen Vorſchub zu
leiſten, vielmehr bietet ſie alles auf, denſelben aus den Seelen der Men-
ſchen dur< wahres Chriſtenthum auszurotten.“
Als Regel zur Beurtheilung ſtellt die Kirche den Say auf: bei der-
artigen auffallenden Erſcheinungen : »ne quis facile credat«, „daß man
ja niht leichtgläubig ſein ſoll; im allgemeinen aber iſt daran feſtzuhalten :
»negari non potest,« eine bollftändige Zeugnung der Möglichkeit ift
unerlaubt ?),“
Auch der ſonſt ſo vorſichtige Suarez ?), einer der gelehrteſten Theo-
logen ſeiner Zeit , behauptet, „die Magie vollſtändig leugnen zu wollen,
ſei ſündhaft oder häretiſch.“
Ein neuer Moraliſt aus dem Jeſuitenorden #) theilt die „abergläu-
biſchen Gebräuche“ in drei Kategorien ein: 1. Der eigentliche Aberglaube :
die Anwendung ungeeigneter Mittel zur Erreihung irgend eines Effects,
den dieſe Mittel natürlicher Weiſe niht bewirken. 2. Weiſſagung: zu-
künftige Ereigniſſe mit ungeeigneten Mitteln vorherzubeſtimmen. 8. Die
Magie, welhe, wenn es die wahre Magie ſein ſoll, darin beſteht , daß
der Menſch eine Wirkung erzielen will, welche die Grenze der natürlichen
Kräfte überſchreitet, aber niht mit göttlicher Hülfe, ſondern unter dämo-
nifcher Mitwirkung. Die Magie wird zu einem Maleficium, wenn fie
zur Beſchädigung der Menſchen gebraucht wird; d. h. zur Zauberei oder
Hexerei im eigentlichen Sinne.
1) Oswald, Angelologie 203.
2) Dr. Heinrich, Dogmatifche Theologie V. 819. cf. S. 227.
3) »Haec assertio (existere magiam) est tam certa ut sine errore in
fide negari non possit.«
4) Lehmkuhl, theologia moralis I 222.