276 Zweiter Theil. Viertes Buch. Die Stellung der Jeſuiten zum Hexenwahne.
Der Profeſſor und Prediger am Münſter in Straßburg, Johann Kon-
rad Dannhawer beehrt Jgnatius mit einem spiritus familiaris. „Jg-
natius iſ vom Satan oftmahl zum Verſtand hoher Geheimnuſſen erleuch-
tet worden ohne leibhafte Beſißung. So ift ihm auch eine leichte Kunſt
geweſen, Leuten dergleichen Gedanken und Phantaſien beizubringen , ohne
bemelde Befigung durd Anhauchen, Einbilden, enthuſiaſtiſhe Verzudung,
dur< Waſſer, Glas, Chryſtall , Siebſhawen und andere S<hwarzkünſte-
lei !).” Die beſte Widerlegung gegenüber ſol< läppiſhen Erfindungen
liegt in dem herrlichen Bittgebete des heil. Jgnatius , welches aus zwölf
Bitten beſteht und mit den Worten beginnt: » Anima Christi sanctifica
me.« Hierin lautet die ahte Bitte »ab hoste maligno defende me,«
„bor dem böfen Feinde befhüge mich,” ähnlih der ſiebenten Bitte des
Baterunjers.
2. Adam Tanner, geboren zu Jnnsbru> 1572, Mitglied des
Jeſuitenordens 1590, Profeſſor der Theologie zu Münden, Jngolſtadt und
in Wien. Ferdinand II. ernannte ihn zum Kanzler der Univerſität
Prag. Da er das Klima nicht vertragen konnte, ging er weg und ſtarb
unterwegs am 25. Mai 1632. Sein Hauptwerk, betitelt »Universa
theologia scholastica, speculativa, practica, ad methodum sancti
Thomae« 4 tomi Ingolstadt 1626, befpricht im erften Bande disp. V.
die Lehre von den Engeln und Dämonen. Hier beſtreitet er die
Wirklichkeit der Hexenfahrten, melche er für bloße Phantaftereien ausgibt?).
Sm Bande III Disp. IV qu. 5, ſpriht er fich entjieden gegen Die
Art und Weiſe der Führung der Herenprocefje aus. Er hält es für ein
großes Unre<ht , daß die Richter jeden Verdächtigen ſhon als Schuldigen
betraten. Wie ſchon die ſog. freiwilligen Geſtändniſſe, ſo ſeien die auf der
Tortur erpreßten no< mehr zu verwerfen, namentlich wenn leztere in
Angabe von Mitſchuldigen beſtehen. Zur Klarſtellung der Gefährlichkeit,
wenn man den Geſtändniſſen auf der Folter Glauben ſchenken wolle, be-
dient er ſih folgenden Dilemmas: Entweder ſind die Angeklagten Hexen
oder niht. Sind ſie keine Zauberer, ſo können ſie au< keine Mitſchuldigen
haben, oder fie find wirkliche Zauberer, dann ſind ſie boshafte, feind-
ſelige Menſchen, deren Ausſagen man keine Glaubwürdigkeit beimeſſen
und anderen. E3 gab überhaupt nichts fo Abgeſhma>tes und Gemeines, was
dieſe Männer nicht den Jeſuiten zugeſchrieben hätten. Was z. B, Fromann
p. 827 von den Jeſuiten ſagt betreffs des Beichtſtuhles, das zu referiren, ſträubt
ſich die Feder.
1) Scheid- und Abſag-Brief, Straßburg 1654. ©. 133.
2) Die gegentheilige Angabe von Dr. C. Binz in ſeinem „Dr, Johann
Weyer“ S. 117 iſt irrig. Cfr. Soldan-Heppe II, S. 283,