278 Zweiter Theil. Viertes Buh. Die Stellung der Jeſuiten zum Hexenwahne.
Tractat unter dem Titel »Processus juridicus contra sagas et vene-
ficos«. Er ſhi>t ſtatt der Vorrede „eine Erinnerung“ voraus, in
welcher er die Richter auffordert, in dieſer Sache ſolhes Maß und Ord-
nung anzuſtellen und zu haben, wel<hes den göttli<hen und natürlichen
Rechten gemäß iſ und ſowohl von Gemeinen- als Particular-Rechten den
Länder- und Orts - Rechten vorgeſchrieben iſ. Dieſe Schrift wendet fi
alſo direct an die Richter zu dem Zwe>e, ihre Gewiſſen zu ſhärfen, daß
fie nicht willfürlih und unmenjhli verfahren ſollten. Was Laymann
mit mehr jhüchternen Worten gegen die damalige juridiihe Praxis
einzuwenden hatte, daS fand einen heroiſhen und gewaltigen Bere
treter in
4. dem Jeſuitenpater Friedrih von Spee, geboren 1591 zu
Kaiſer3werth , geſtorben zu Trier 1635. Er wurde, wie Zaymann, ein
Opfer bei Ausübung der Nächftenliebe. Derſelbe trat 1610 in den
Jeſuitenorden al3 Novize ein, fam dann nad Köln, wo er von 1621
bis 1624 als Profeſſor der Philoſophie und Moral angeſtellt war. Jm
Sabre 1624 wurde er nach Paderborn verſezt. Endlih wurde er 1627
na< Bamberg und Würzburg berufen, um dort das traurige Amt eines
Beichtvaterd bei den zum Tod verurtheilten Hexen auszuüben. Hier
lernte er während mehrerer Jahre das jähredlihe und fcheupliche Ver-
fahren der Herenrichter aus eigener Anjhauung kennen. Je länger er
das Amt eines Beichtvaterd bei den unglüdliden Opfern jenes unheil=
vollen Wahnes verwaltete, defto mehr überzeugte er fi, daß das übliche
Verfahren nur dazu angethan ſei, mehr und mehr unſchuldige Menſchen
in den jchredlichen Tod hineinzuſtürzen. Schon hatte er gegen 200 Perſos
nen ſeinen Beiſtand auf dem ſ{hmerzlihen Gange zur Richtſtätte geliehen,
von denen er die ſichere Ueberzeugung in der Bruſt trug, daß wohl
90 Procent unſchuldig waren; qu. 29, Wie das edle Herz dieſes
braven Mannes unter ſolcher Erkenntniß blutete, beweiſen ſeine eigenen
Worte :
„Die chriſtliche Liebe hat mi<h entzündet und brennet mich in meinem
Herte, daß ichd nicht lafjen fan mich nad) meinem Vermögen ins Mittel
zu legen, damit nicht dieſes Feuer dur< unruhige Leute weiter aufges
blaſen und auch auf die unſchuldige getrieben werde.“ Als eine Frucht
dieſes Entſchluſſes erſhien zu Rinteln 1631 ſein berühmtes Bud:
»Cautio criminalis seu de processibus contra sagas liber ad
magistratus Germaniae hoc tempore necessarius: tum autem con-
siliariis et confessariis principum , inquisitoribus, judicibus, ad-
vocatis, confessariis reorum, concionatoribus, ceterisque lectu
utilissimus, Auctore incerto Theologo orthodoxo. Rintelii, typis
exscripsit Petrus Lucius typogr. et cod. MDCXXXL« m folgen«