Erſtes Kapitel. Jeſuiten als Gegner des Hexenwahns. 279
den Jahre erſchienen neue Auflagen zu Cöln und Frankfurt a. M. Die
Anonymität, unter der dieſes Werk in die Oeffentlichkeit trat, ift vielfah
commentirt worden. Der natürlihſte Grund liegt in dem Eingeſtändniſſe
Spee’s, daß die Wirkſamkeit der Jeſuiten als Beichtväter bei den Jn-
quiſitoren ungern geſehen, ja ſogar verdächtigt wurde, Er würde ſos
wohl ſein als ſeiner Mitbrüder Stellung und ſelbſt das Leben riskirt haben,
wenn er dieſes Werk unter ſeinem Namen herausgegeben hätte, Merk=
würdig war die Auffaſſung von Thomaſius, daß ein proteſtantiſcher
Juriſt unter dieſem orthodoxen Theologen fi verborgen habe, wiewohl
es jedem Leſer ſofort einleu<htet , daß der Verfaſſer nur ein latholiſcher
Prieſter ſein kann !). Der andere Punkt, welcher Beachtung verdient, ift
die Adreſſe des Buches, »ad magistratus Germaniae liber ne-
cessarius.« Der Verfaſſer bekennt, daß ſein Werk für die deutſchen
Magiſtrate nothwendig, für Räthe, Beichtväter u. ſ. w. nüßlic< ſein
müſſe. Hiermit gibt dieſer jcharfe Beobachter und vortreffliche Kenner
ſeiner Zeitverhältniſſe zu erkennen, daß die Hauptverantwortung für die
Hexenproceſſe auf die weltliche Obrigkeit zurüdjalle und niht auf den
Clerus. Die erſte deutſche Ueberſezung erſchien zu Frankfurt 1649 von
dem Pfarrer Hermann Schmidt zu Siegen. Veranlaßt wurde dieſer
proteſtantiſche Geiſtlihe zur Uebertragung in ſeine Mutterſprache dur
den Grafen Johann Moriy von Kayenelenbogen. Pfarrer Schmibt läßt
fi über Entſtehung der vielen Proceſſe alſo vernehmen : „Viele vom ge-
meinen Volk alſo geartet ſind, daß wann ſie etwan vernehmen, daß
einer oder der ander, dieſe oder jene von einem andern dann auß Leicht
fertigkeit, dann auß Zorn, ja bißweilen auh wohl auß unzeitiger Kurß-
weil, oder Trunkenheit, vor einen Zauberer oder Hexe geſcholten oder
genahmet wird, fie daſſelbe alſo bald vor eine Wahrheit aufnehmen, und
vor ein Evangelium bey andern von ſih predigen.“ Ferner über die Art
des Verfahrens: „Man hat zu Zeiten und an etlichen Orten die In-
quisitores und Hexen Commissarios und ihre Trabanten oder Spür-
hunde, die Ankläger und Treiber , ja bißweilen au< wohl die Meiſter
oder Scharpff-Richter ſelbſt mit ihnen das placebo ſpielen laſſen müſſen,
daher dann vor nun faſt 20 Jahren an vielen Orten Teutſches
Landes, ein ſolches Sengen, Brennen, Braten und Meßgen der Menſchen
entſtanden, daß der Rau<h und Geſtank der ertödteten Cörper ultra
montes et maria geflogen, und (wie auh der Author dieſes tractats
darüber klagt) das liebe Teutſhland bey andern Nationen niht umb ein
geringes ſtinkend worden ift.“ Eine zweite Uebertragung ins Deutſche
1) C. A. Menzel, Geſchichte der Deutſchen. B. IX, S. 571,
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