Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

: _ Ds 
Zweites Kapitel. Jeſuiten als Vertheidiger des Hexenglaubens. 283 
Zweites Kapitel. 
Mitglieder des Jeſuitenordens als Bertheidiger des Hexen- 
glaubens. 
1. Deltio, geboren zu Antwerpen 1551, geſtorben 1608 zu Löwen, 
war einer der begabteſten und gelehrteſten Väter des Jeſuitenordens im 
16. Jahrhundert. Zuerſt widmete er ſi< der Jurisprudenz und trat in 
den Staatsdienſt ein. Er brachte es bis zum Generalſtaatsprocurator. Plöß- 
lih verließ er 1580 ſein Vaterland und begab fih nad Spanien, wo er 
zu Valladolid in die Geſellſchaft Jeſu eintrat. Er iſt Verfaſſer verſchie- 
dener gelehrten Werke. Durch feines jedodh ift fein Name jo berühmt 
und befannt geworden, als durch fein dreibändiges Werk: »Disquisitio- 
num magicarum libri sex.« Main; 1593, 1600, 1606, 1624. 
Löwen 1599, 1601. Köln 1633, 1657. Oberurſel 1606. 
Juſtus Lipſius war ſo entzü>t von der Gelehrſamkeit dieſes Mannes, 
daß er Delrio „das Wunder des Jahrhunderts“ nennt. »Hic enim pura 
et liquida omnia, hic lux venena, nulla, quae timeas, opinionum.« 
Dieſes Urtheil ift wohlverdient, aber eben dadurh hat dieſes Werk einen 
bedeutenden Einfluß auf den Glauben von Magie und auf den Torte 
gang der Herenprocefje auögeübt. 
Jn vielen Punkten plaidirt der Verfaſſer für eine milde Praxis in 
der Proceßführung !) und wird er von Spee deshalb auh unter die milden 
Autoren gerechnet. Delrio will, wie Tanner und Spee, den Angeklagten 
und Denuncirten eine Defenſion zugeſtanden haben, wie desgleichen die 
Univerſitäten Jngolſtadt, Pavia, Freiburg ſtets begehrten. Fn Deutſch- 
land war im 17. Jahrhundert von einem Advokaten der Angeklagten 
feine Rede mehr. Bezüglich der Indicien verlangte er gründliche Prüfung 
derſelben ; die Anklagepunkte müſſen dem Jnculpaten mitgetheilt werden, ſowie 
dem berufenen Defenſor; Fama, d. h. das Geſchrei unter dem Volke, iſt genau 
zu unterfudien (exacte probare, quam necessarium, tam rarum est 
in iudieiis, lib. V. sent. II.) In den Denunciationen madt er einen 
weſentlichen Unterſchied zwiſhen Ausſagen unbeſcholtener und beſcholtener 
Leute. Zu lehteren rehnet er auh die Complices. Er ſagt in lib. V, 
sent. V. N. 4: „Wie ſehr auh die Ausſagen beſcholtener Perſonen 
unter Complicen ſi vervielfältigen ſollten, jo darf dod der Richter auf 
dieſe allein hin niemals zur Verurtheilung ſhreiten. Es reſultire daraus 
kein ſicherer Beweis, nur eine Vermuthung?).“ Jn Fällen, wo das 
1) Qu. 15. n. 22. ©. 43; ferner qu. 20. d. 15. n. 34. ©. 72. 
2) Totum illud nihil fundamenti habet, nisi praesumptionem, 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.