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Erſtes Kapitel. Die Lehre der Reformatoren. 289
riſſen die erdihtete Fabel vom freien Willen.“ „Vertrauen
haben in die Werke des Geſehes und freien Willen, iſt nichts anders
gethan, denn Chriſtum erwürgen, Gnade und Wahrheit verwerffen
und fi) felbft für einen Abgott aufmerffen.” „Die Sünde höret niht
ganz auf, diemweil diefer Leib lebet, der jo ganz in Sünden empfangen,
daß Sünde ſeine Natur iſt. Es iſt wohl wahr, ein Menſch, ſo
er aus der Taufe kömpt, iff rein, ganz unſchuldig, ohne Sünde. Die
verſtehen es aber niht recht, die meynen, es ſei gar keine Sünde mehr
da, denn man ſoll wiſſen, daß unſer Leib, dieweil er hier lebet, natür-
ih böſe und ſündhaft ift. Gott hat nun einen Rath erda<ht, es ganß
neu anders zu ſchaffen, aber es gelingt ihm beim erſten Mal nicht ganz;
da matt er es wie ein Töpfer, wenn ein Topf mißrathen , er zerſtößt
den Topf, knetet ihn mit dem ganzen Haufen und bildet einen neuen
Topf; ſo au<, da wir in der erſten Bildung (Taufe) niht ganz ge-
rathen und ohne Sünde ſind!).“ Große Klarheit gibt folgende Stelle
über Luthers Glauben vom freien Willen zu erkennen: „Jh verwerfe
und verdamme als eitel Jrrthum alle Lehre, ſo unſern freien
Willen preiſet, als die firad3 wider die Hilfe und Gnade unſeres
Heilands Jeſu Chriſti ſtrebet, Denn weil außer Chriſto der Tod und
die Sünde unſere Herren, und der Teufel unſer Gott und Fürſt iſt,
kann da keine Macht no< Kraft, fein Wit und Verſtand ſeyn, damit
wir zur Gerechtigkeit uns können ſhi>en oder traten; ſondern müſſen
verblendet und gefangen des Teufels und der Sünde eigen ſeyn, zu
thun und zu denken, was ihnen gefällt und Gott mit ſeinen Geboten
zuwider iſt ?).“ Conſequenter Weiſe verfährt Luther, wenn er nicht in
dem halbtodten Reiſenden von Jericho das Bild des gefallenen
Menſchen ſieht, wie die katholiſche Kirche, ſondern in dem Beſeſſe-
nen bei Lukas XI, der blind und taubſtumm iſ: „Derſelbe bedeutet
alle Adamskinder , welhe durch das Fleiſh mit dem Satan beſeſſen
werden dur die Erbſlinde, daß ſie ſein Eigen ſeien und ſeinen Willen
thun 3).“ So hat dieſer Mann, der den Menſchen ſeiner Seele nah
ganz in die Malt des Satans gab, denſelben auh leiblih ihm ganz
überantwortet, ſo daß alle phyſiſhen Uebel, welhe den Menſchen heim-
ſuchen, vom Teufel kommen. „Wir find alle mit Leib und Gut dem
Teufel unterworfen und Fremdling in der Welt, deſſen Fürſten und
Gott er iſ. So das Brod , welches wir eſſen, den Trunk , den wir
1) Riffels Kirchengefchichte, 8b. I, ©. 14 fi.
2) Dr. Luthers äußerſt merkwürdige Wriſſagungen. Ch. Ludw. Knapp,
Stuttgart 1876, S. 1833.
3) Vgl. A. Minusculus, Erklärung über den 12. Sonnt. n. Zrinit. 1572.
Diefenbach, Der Hexenwahn. 19