Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

Erſtes Kapitel, Die Lehre ter Reformatoren. 295 
Als Exempel verweiſt er auf ſeine eigene Mutter, von der er er- 
zählt, daß ſie ſehr geplagt worden ſei von ihrer Nachbarin, einer Zaube- 
tin, ſo daß fie auf's allerfreundlichſte und herrlichſte hat ſie müſſen 
halten und verſöhnen. Denn die Zauberin \{oß ihr die Kinder, daß 
fie fih zu Tod ſchrieen. Und, ein Prediger ſtrafte ſie nur insgemein ; 
da bezauberte ſie ihn, daß er mußte ſterben. Dana<h wurde Luther ge- 
fragt, ob die gottesfürdhtigen und rechten Chriſten auh könnten bezaubert 
werden, ſprach er ja; denn unſere Seele ift der Lüge unterworfen, aber 
dieſelbe wird erlöſet. Doh muß der Leib des Teufels Mordſtichen ge- 
wärtig ſein. Und ih glaube, daß meine Krankheiten niht allerwege 
natürlih ſeien — daß Junker Satan ſeinen Muthwillen an mir aus= 
übet dur< Zauberei !). 
Aus alledem geht hervor, daß Luthers Dämonologie bei ihm per» 
fönlich zu einer „Dämonomanie oder Teufelsſuht“ wurde. Dieſes 
erhellt noch mehr, wenn wir 
2. feine abergläubige Gejpenfterfugt in's Auge faſſen. Die 
zahlreichen Nachfolger, weldhe das Kapitel der Geſpenſter behandelt haben, 
wie Lavater, M. Z. H. De>er, Foh. von Münſter, Shere r- 
zius u. a. ſtüßen ihre Ausführungen meiſtens mit der Auctorität 
Luthers. 
Dieſer hat die Erſcheinungen von Engeln und von Seelen der 
Verſtorbenen bezweifelt, um ſo mehr aber die Erſcheinungen der Dämonen 
unter allerlei Formen und Weiſen geglaubt und gelehrt. Weltbekannt 
find feine Berichte über den Teufelsſpu> auf der Wartburg, auf ſeinem 
Patmos. Sollte ihn vielleicht große Eitelkeit dazu verleitet haben, Ti) 
mit Chriſtus in der Wüſte in Parallele zu ſeen? Wie hier der Satan 
als Verſucher auftritt, durfte er, „der Heilige Gottes und Evangeliſt zu 
Wittenberg“, in ſeiner Einſamkeit und am Vorabend ſeines öffentlichen 
Auftretens, fi) gleicher Aufmerkſamkeit von Seiten des Höllenfürften 
mwerth erachtet haben? Doch der Erfolg ift ein ungleicher geweſen. Dort 
di der Verſucher auf immer, und hier verließ er ihn nimmer. Sein 
ganzes Leben ift beunrubiget und geplagt mit Teufelsipud und Larven. 
Einzelne Stellen, worin er feinen Glauben an die Geſpenſter kund gibt, 
mögen hier folgen : 
1) Tiſchreden, Eisl. Ausg. 307. G. Chr. Voigt, Gem. Abhandlungen S. 31, 
jammert, da ex die Wirkungen des Aberglaubens ſchildert : „Selbſt Luther lehrte 
es ja no< im 16. Jahrhundert ; was darf es eines weiteren Beweiſes!“ .. 
„Ex nahm die ganze heidniſche, vernunft - und ſchriftwidrige Lehre von der 
körperlichen Macht des Satans treuherzig in ſein Credo auf. Man weiß von 
ihm viele Gefpenftergefchichten, die ſeinem Verſtande niht viel Ehre machen 
. Heute ſind wir nicht viel weiter, als vor 200 Jahren.“ 
 
	        
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