296 Zweiter Theil, Fünftes Buch. Der Proteftantismus und der Hexenwahn.
„Geiſter, ſo den Menſchen erſcheinen, ſind niht Seelen der Menſchen,
ſondern nur Teufelslarven !).“ „Zum dritten werfen ſie uns die große
Menge der Exempel vor, daß viel Geifter auch heiligen Männern er-
ſchienen find und geboten haben, daß man ihnen mit Meſſen wollte zu
Hilfe kommen und ſie damit erlöſen. Hier mag ih frei ſagen, daß es
gewißli<h des Teufels Getrieb ift, was au< vor Geiſter umgehen , die
poltern, ſchreien , klagen oder Hilfe ſuchen, damit er uns Chriſten das
heil. Sakraînent nehme und entfremden und zu ſeiner Büberei, Hohn
und Spott gebrauhen möchte... Darum, daß wir Chriften find,
jollen wir forthin des Teufels Gedanken eigentlich wiſſen und glauben,
daß die Poltergeifter eitel Teufel und nicht Menſthenſeelen find 2)."
Conſequenter Weiſe erklärte darum Luther die Erſcheinung der
Seele des verſtorbenen Propheten Samuel vor der Zauberin zu Endor
und dem Könige Saul I., Samuel XXVIIL 3, für eine Täuſchung;
das ſei nur der Satan geweſen, welcher fi als Larve für die Seele
des Samuel ausgegeben habe. Faſt ſämmtliche proteſtantiſche Exegeten
und zahlreihe Autoren, wel<he über Zauberei gejchrieben,, aboptirten
dieſe Meinung. Ueber die verſchiedenartigen Larven , deren ſih der
Teufel bei ſeiner Erſcheinung bedient, ſchreibt Luther in ſeiner Haus-
poſtille, Pfingſtdienstag: „Der Teuffel zeu<ht zuweilen eine Larve an,
wie ih ſelbſtem geſehen habe , daß er fich jehen läßet, als wäre er eine
Sau, ein brennender Strohwiſh und dergleichen.“
Fromann erzählt 3) mit Berufung auf Luthers Schriften: „Als dieſer
während der Augsburger Reichstags - Verhandlungen auf der Burg zu
Coburg fih aufhielt, ſah er eines Abends in dem Schlafgemach drei
brennende Fa>eln einher ſhweben, war auf's Heftigſte erſhre>t. Nahs
dem er ſih gefaßt, ſagte er zu ſeiner Umgebung, wir wollen ein Lied
fingen, dem Teufel zum Troß.“
Nah all dieſem kann es niht mehr überraſchen, wenn jelbft Delrio,
der extreme Vertheidiger des Zauberglaubens katholiſher Seits, noh Ge-
legenheit findet, ſi< über Luthers Aberglauben zu moquiren.
Luther ſhreibt: „Jh trage keinen Zweifel, daß der Tanz der Zie-
gen, der Flug der Drachen und ähnliches die Spiegelfechtereien böſer
Geiſter ſei, um entweder die Leute zu erjhreden oder zu betrügen. Das
Schiffsvolk meint, das an den Maſten ſihtbare Feuer ſei Caſtor und
Pollux. Bisweilen ſogar erſcheint Licht über den Ohren der Pferde.
1) Wal, Luthers Werke, Band XII. S. 1168. Dieſes widerſpricht der
S, 6 mitgetheilten Theorie Pf. Blumhardts vollſtändig.
2) Band RIX. S, 1391.
3) Fascinatio Magica, Nürnberg 1675, S, 238,