Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
300 Zweiter Theil. Fünftes Buh. Der Proteftantismus und der Hexenwahn. 
Urtheile anzuſchließen, welches ein anonymer Kritiker in der Augsb. Allg. 
Ztg. Nr. 268 vom Jahre 1880 bei Beſpre<hung des Soldan'ſhen Wer- 
kes ausgeſprochen hat. Troy ſeiner Voreingenommenheit der katholiſchen 
Kirche gegenüber und troy des Liebäugelns mit dem Werle der Refor- 
mation leitet er den Art. TV, über „Kirche und Aberglaube“ mit folgenden 
Süßen ein: „Es iſ eine von der proteſtantiſhen Orthodoxie allzu ſehr 
ignorirte Thatſahe, daß der Teufel3sglaube und die Hexenproceſſe 
dur< die Reformation niht nur niht in Abnahme kamen, ſondern ſelbſt 
in den dur< das Evangelium, wie es von den Reformatoren verſtanden 
ward, erleuchteten Ländern ungeftörten Fortgang hatte, ja theilweiſe noh 
zunahm. Hoppe weiſt in ſeiner verdienſtvollen Bearbeitung „der Ge- 
ſchichte der Hexenproceſſe“ von Soldan nad), daß gerade im Reformations- 
zeitalter die Hexenproceſſe erſt re<t epidemiſ< geworden ſind. Einer 
Seuche gleih griffen ſie um ſi<, ſprangen von einem Land in das 
andere über, erreichten Höhepunkie, um zeitweiſe wieder abzunehmen, 
und erwachten dann mit neuer Heftigkeit,“ Und doc ift das Werk von 
Soldan-Heppe oder, Soldans Geſchichte der Hexenproceſſe von Dr. Heinrih 
Heppe 1880, durchaus einſeitig und tendenziös gefärbt, wie wir des weites 
ren noh ſehen werden !). 
Er hat ſeine Unterſuchungen vorzug8weiſe auf die Gebiete der Terres 
torialherren in Mittel- und Süddeutſchland gerihtet und den am meiſten 
betheiligten Norden Deutſchlands weniger berü>ſihtigt ?). 
Noh iſ mit dem Obigen die Vorliebe Luthers für abergläubiſche 
Meinungen niht erſhöpft. Welche hohe Bedeutung er der Aſtrologie 
einräumte, auf die au< Melanchthon große Stüde hielt, ſowie über Luthers 
Glauben an »portenta et monstra«, vorbedeutende „Zeichen“, iſt ausführe 
licher dageſtellt worden durh Dr. Joh. Friedrich 3). 
1) „So geſchah denn leider na< Luthers Tod und Wirkſamkeit, daß der Teu- 
fel au< in der proteſtantiſchen Kirche eine erneuerte ſhre>liche Gewalt 
erhielt, ſo, daß man das 17. Jahrhundert mit Recht als das eigentliche Jahr- 
hundert des Teufels und des Hexenproceſſes nennen kann.“ Horſt, Dä- 
monomagie I. 172. Ferner citirt Horft einen Ausfpruch Herders aus: Religion, 
Zehrmeinungen u. T. mw. ©. 200, wie folgt: „Ohne Zweifel freut ſih das böſe 
Princip, daß es ſeit den Zeiten der G noſtiker und des Mannes am Ende des 
aufgeklärten Jahrhunderts auf einmal wieder zu ſo hohen Ehren kommt: — wozu 
Horſt ergänzend bemerkt: ſegen wir hinzu: „des vierzehnten und ſieben- 
zehnten Jahrhunderts.“ I. 260, 
2) A. Rhamm Hexenglaube und Hexenproceſſe S. 63 Anmerkung. 
3) Aſtrologie und Reformation, oder die Aſtrologen als Prediger der Refor- 
mation und Urheber des Bauernkrieges. München 1864. S. 106: Luthers 
Verhältniß zur Aſtrologie.
	        
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