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Zweites Kapitel. Die Prediger oder der Hexenwahn auf der Kanzel. 303
voraus und unterſcheidet zwei Motive für Ausübung der Zauberkunſt,
entweder der Nuten, welchen der Zauberer ſucht, oder der Schaden, den
er ſtiften will. Zu den nüglihen Zauberwerten gehören Abwendung von
Unwetter , Dämpfen des Feuers , Vortheile beim Spiel, fih Unfihtbar-
Schuß- und Stichfeſtmachen, Krankheiten zu heilen u. |. wm. u. |. w.
Die ſchädliche Zauberei bewirke Krankheiten und Uebel an Menſen,
Thieren , Früchten 2c., Einzaubern von Gegenſtänden als Nägeln, Nas
deln 2c. in den menſhlihen Leib, das Milh- und Eierſtehlen u. |. w.
Der Teufel als Affe Gottes ahme Alles nah, doch ſeien ſeine Wunder-
werke oft Blend- und Spufmwerfe, und wirkfihe Wunder fann er nur
verrichten auf Zulaſſung Gottes. Die Zukunft kann er aus eigener
Kraft vorherſehen, jedoh nicht Alles. Die Verwandlungen der Menſchen
im Thiere und andere Dinge ſind Täuſchungen ; die Luftfahrten zweifel=
haft. Aber die Zuſammenkünfte und Bündniſſe mit den Hexen ſeien
Thatſachen, auh gibt der Verfaſſer die Möglichkeit der Jncuben ſowie
der Succuben und der Wehſelkinder zu. Dann dur{hzählt Milichius alle
Arten und Species der Zauberei, weiſt ihre größere oder geringere Ab-
\{heulichkeit nah und kommt zu dem Reſultate, daß die Obrigkeit nad)
der heiligen Schrift die Pflicht habe, Alle am Leben zu ſtrafen, welche
einen Pakt mit dem Satan haben, als Zauberer, Schwarzlünftler, Be
\hwörer, Hexen, Wahrſager u. |. m. Ein beſonderes Auge ſoll die Obrig-
keit haben auf die Hebammen, die zauberiſchen Spieler und ſolche, welche
die Feuerwaffen bezaubern, ſo, daß es nah ihrem Gefallen treffen oder
niht treffen möge. Noch ſei bemerkt, daß er im vorleßten Kapitel fich
darüber ausläßt, ob man auch die Zauberkunſt auf die Kanzel bringen
und darüber predigen ſolle. Er tadelt einige naſeweiſe Prädicanten, die
dieſes verneinen; denn er halte es für nöthig, die Leute darüber aufzu-
klären, was und wievielgeſtaltig die Zauberei ſei und meld’ ein großes
Laſter ſie darſtelle. Man müſſe namentlih das Volk vor dem Glauben
an Weiſſagung warnen und vor allem Aberglauben überhaupt, jedoch ſei
dabei eine gewiſſe Vorſiht von Nöthen. Somit hat Milichius keinen
geringen Antheil an der Gepflogenheit ſeitens der Prädicanten, dieſen
Zauber- und Hexenglauben von Amtswegen auf die Kanzel zu verlegen.
Weit entfernt, dieſen Glauben aus dem Volke auszurotten, haben ſie ihn
vielmehr dur ihre eigene Leichtgläubigkeit bei ihren Zuhörern unterhal-
ten und vermehrt 1).
1) Die zweite Predigt von Minusculus handelt über das Thema: „Von
des Teufels Tyrannei , Macht und Gewalt in diejen legten Tagen.“ Sie iſt den
beiden \fizirten dem Jnhalt nah glei<h. Sämmtliche Predigten waren auch
einzeln zu haben. Am meiſten begehrt waren: der Saufteufel, ber Eheteufel