Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Drittes Kapitel. Beginn der Proceſſe in Freudenberg. 19 
wiſſen aber die Verſtändigen ſehr gut, deſſen ſih auh die Unſchuld zu 
getröſten hat, daß fein Richter auf eine bloße Anzeige, ſondern auf ge- 
nugſam beigebrahte Beweisthum oder indicia und ſonſten andere beſag- 
ter Geſtalt niht zur Peinigung ſchreiten, und mo ein Richter die im 
Rechte vorgeſchriebene Form, Maß und nothwendige Requiſiten dieſes 
falls übergeht, derſelbe ſelbſt in die Kaiſerliche Conſtitutionsſtrafe gefallen 
ſein ſoll 1). 
Darum auch ein Richter, ſo Gott vor Augen hat, (wie Clarus 
Hunius practicus ſagt) vor allem betrachtet, daß es niht genüge, daß 
Indicia und Anzeige vorhanden , es ſei denn, daß dieſelbigen auh re<t- 
mäßig bewieſen ſind. Und er hält es damit no< niht genug, ſondern 
noch ferneres für nöthig, daß erivogen werden ſoll, ob dieſelben au< zur 
Tortur erheblih erfunden und genügend ſeien, damit Niemand leichtlich 
Unrecht widerfahre, und der Judex ſelbſt fih dadurd Syndicatui unter- 
würfig mache.“ 
Ueber feine Zeitgenoſſen hatte dieſer Procurator ganz rihtig ge- 
urtheilt ; über ſeiné Collegen im Richteramte hatte er leider eine zu gute 
und darum falſhe Meinung. Anſonſten hätten die Hexenproceſſe ſih 
nicht dergeſtalt ausbilden und verbreiten können , wie ſie uns in der 
zweiten Periode, während des dreißigjährigen Krieges, begegnen. Jn 
dieſer Zeit ſind alle jene Einſchränkungen und Cautelen bei Prüfung der 
Jndicia (der Anzeigen) und die Beſchränkungen bei Anwendung der Tor- 
tur aufgehoben. Man hatte ſih das Axiom gemacht, da es fih um ein 
»crimen exceptum« handele, um ein „Ausnahme-Berbrechen”, deshalb 
dürfe man aud von der gemeinen Rechtsform abweichen und zum 
Ausnahme-DVerfahren greifen. Es iſ das die erſte Spur von Ausnahme- 
Gejegen, und ihm ſind die vielen Unſchuldigen als angebliche Hexen 
zum Opfer gefallen. Das Ausnahme-Gericht gegen die der Zauberei 
Verdächtigen war damit etablirt, und die Hexenproceſſe hatten ihren ge- 
ſicherten Fortgang. 
Die in der Carolina vorgeſchriebenen Bedingungen, wel<he eine 
„Anzeigung genügſam“ machen ſollen, und die in den Paragraphen 19, 
20 und 21 niedergelegt ſind, waren noh ein Schugzmittel gegen den 
1) »Non enim a tortura incipiendum, sed necesse est in re tam ardua, 
ut multis indiciis oneratus et, ut inquit Ulpianus, argumentis paene con- 
vietus sit reus; indiciis, inquam, gravibus urgentibus et paene certis opus 
est, adeo ut levium nulla habeatur ratio; quin et ea ipsa duobus testibus 
omni exceptione majoribus probata esse debere communi scribentium cal- 
culo receptum est. Quibus omnibus non concurrentibus judex ad quaestio- 
nem minime procedere debet, etiamsi reus ad eam se sponte offerat,« 
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