318 Zweiter Theil. Fünftes Buh. Der Proteftantismus und der Hexenwahn.
müffig gehen. Bedenfe, was für eine jchwere Sünde du damit begeheft,
einmal wider Gott, den du hierdurch gleihjam von ſeinem Throne ftürzeft
und den Teufel und fein Werkzeug hinauf fegeft und zu Gott macheft,
zu dem du das Vertrauen haſt, er würde dir helfen. So dann ſ{hwere
Sünde wider Chriſtum, indem du es mit ſeinem abgeſagten Feind, dem
Juden, hältſt. Auch wider den heiligen Geiſt, wider die heiligen Engel,
wider deinen Nächſten, den du dadurd) ärgerft und deshalb den Mühtftein
an den Hals verdienteft, auch wider deinen Seeljorger und Prediger,
denn wann fie zu dir in deiner Krankheit kommen, dic” mit dem hei-
ligen Abendmahle verſehen und dann ſehen und au< hören müßteſt, daß
du einen verfluchten Judenarzt brauchteſt , thuſt du dann nichts anderes,
als du deine Seele dur<h Chriſtum und deinen Leib dur<h den Teufel
oder ſein Werkzeug willſt geſund machen laſſen und endlih no< wider
dich ſelbſt 1). “
5. Unter den Werken proteſtantiſher Prediger über Hexenweſen
und Hexenverfolgung zeichnet ſi<h dur<h Härte und ungewöhnliche Strenge
eine Schrift aus, welche Johann Ellinger, Diacon zu Ahrheiligen, im
Jahre 1629 in die Welt ausſandte. Schon der Titel läßt die Tendenz erkennen,
er lautet: Hexen-Coppel, das ift Uhralte Ankunft und große Zunfft der
Unholdſeligen, Unholden oder Hexen, welche in einer Coppel von einem ganzen
Dugend auf die Schau und Muſterung geführet 2c. Allen Unpaſſionirten,
Unaffectionirten und Unintereſſirten Patriotis dur<h M. Johannem
Ellingerum Diaconum Arheilgensem. Gedru>dt im Verlag Unkels,
Buchhändler zu Frankfurt a. M. Jn der Vorrede erinnert der Autor
Ellinger daran, „daß es gar gefährlih, ſorglih und verdrüßlich ſey, bey
jehiger Beſchaffenheit der argen Welt, die ganz in Sünden liegt, viel
von der Hexerei oder Zauberey zu ſagen, predigen oder ſchreiben. Einer-
ſeits gerathe der gemeine Pöbel und Herr »omnes« in Harnijh, wenn
Jemand der Zauberey halber in Verdacht geſezt, und wollen ſolche ſofort
mit Schuh und Strümpf, Hoſen und Wams, Rod und Mantel im
Feuer verbrennt haben. Andere aber und das nicht geringe einfältige
Leute haben gar enge Herzen und Gewiſſen, ſorgen, der Himmel falle
ein, man thue zuviel, e3 gejchehe Unrecht und es ſey nur ein verblendeter
Handel und lauter Gaufelmert. Nach des Verfaſſers Anſicht ſündigen die
erſteren in excessu und die zweiten in defectu. Soll man da ſhweigen,
1) Waldſchmidt, S. 397—406. Wie würde Waldſchmidt fahren, wenn er
heutzutage noch lebte, wo es in Frankfurt keine Judengaſſe mehr gibt, wohl aber
Dugende bon Judenärzten? Jm Jahr 1657 war officiell eine „Erinnerung des
lutheriſchen Miniſterii gegen die Judenärzte“ erfolgt. Zeitſchr. für d. Culturgeſch.
1857, S. 116,
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