Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
336 Zweiter Theil. Fünfte Buch. Der Proteftantismus und der Hexenwahn. 
fen verſchiedener Arten der Zauberei, 3.8. Segenfpreder, unterjudht und 
feftgeftellt. So au das Ausftäuben mit Ruthen für jolde Frauen zu- 
gelaſſen, „wenn ſie die jungen Geſellen auf dem Bo> holen laſſen.“ 
Dieſe Quäſtion ift bereichert mit 36 Urtheilsſprühen vom Leipziger 
Schöffenſtuhl vom Jahre 1582 bis 1622. Noch ſei erwähnt, daß Carpzov 
die peinlihe Strafe über ſolhe verhängt wiſſen will, die in puncto 
Zauberei zu keinem Reat, ſondern blos zu einem Conat (Verſuch) 
gefommen ſeien, reſp. die nur die böſe Abſicht gehabt hätten. 
Das zweite genannte Werk Processus juris zeichnet ſi<h ebenfalls 
aus dur ſeine Härte und Strenge im Fnquiſitionsverfahren und in 
der Anwendung der Tortur. Er rechtfertigte ſein Syſtem der Strenge 
dur< die Behauptung, daß beim Verbrehen der Zauberei die Beſchä- 
digung des Menſchen das weniger Gravirende , die Verleugnung Gottes 
und Pactirung mit dem Satan dagegen das eigentliche corpus delicti 
ſei, woraus die Schwere des Vergehens erkannt werde, Für Carpzov 
hatte weder ein Tanner noh ein Spee gelebt. Unter ihm erreichte das 
Hexenverbrennen in Deutſchland ſeinen Höhepunkt 1), Denn er galt als 
das Orakel der Juriſten und ſein Anſehen bewirkte, daß man allenthal- 
ben auf ſeinen Namen hin Hexen verurtheilte und verbrannte. 
ITIL. Ludwig von Se>endorf, kurſähſiſher Staatsmann, ließ 
im Jahre 1686 zu Leipzig ein Werk erſcheinen: „Chriſtliher Staat“ in 
drei Büchern 2). Darin verbreitet er fich auch Über die Frage der Zauber- 
kunſt und Hexerei. Da leſen wir Seite 44 „daß durch Zauberei unfiäht- 
barer Weiſe und alſo dur< Kraft der Geiſter gewirket werde, iſ mit 
Exempel und auf Haar erwieſen.“ Unzählige Acten liegen hin und wieder 
in Archiven und Gerichtſtuben von der Zauberei, und zwar einer ſolchen, 
die niht blos in Erzählung und Bekenntniß der Gefangenen beſtanden, ſon- 
dern deren Effect au< von anderen Leuten geſehen worden iſt, z. B. daß, 
wenn ein Zauberer ausgejagt, er habe in eines andern Menſchen Leib 
unterſchiedliche Dinge, zu deſſen Plage und Beſhwerung, mit Hilfe des 
böſen Geiſtes unvermerkt eingezaubert, ſo hats ſich im Beiſeyn der 
1) Horſt, Dämonomagie. 
2) Der Titel lautet: Herrn Veit Ludwig von Se>endorff Chriſten-Stat in 
3 Büchern abgetheili ; im erſten wird von dem Chriſtenthum an ſich ſelbſt wider 
die Atheiſten ; im zweiten Buche von der Verbeſſerung des Weltmenſchen; im 
dritten Buche von der des geiſtlichen Standes nah dem Zwe> des Chriſtenthumes 
gehandelt. In Franken geboren, fam Se>kendorf in den Zeiten des 30jährigen 
Krieges nah Sachſen, wurde dort erzogen, war von 1646—64 am ſächſiſchen Hofe und 
12 Jahre Hofrichter in Jena; von 1664 in Herzog Morig von Sachſen Dienſt 
bis 1681; war Geheimrath, hatte 1655 ein Buh: Deutſcher Fürſten - Stat, ers 
ſcheinen laſſen.
	        
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