342 Zweiter Theil. Fünftes Buh. Der Vroteftantismus und ber Hexenwahn,
Ponzinibius und Grevius 1), Aus dieſem Grunde hatte ſein Unternehmen
au einen beſſeren Erfolg, als die Verſuche Weyers und Beers hatten.
Beide richteten ihre Angriffe vorzugsweiſe gegen den beſtehenden Teufels»
glauben, welden jener bis zur Hälfte, dieſer bis zur Wurzel zu beſei-
tigen ſuhte. Thomaſius verneinte nur die Möglichkeit des Pactes und
der Buhlſchaft mit dem Satan, im Uebrigen ließ er ihn bei Seite liegen.
Er glaubte ebenſowohl an ſeine Einwirkungen auf die phyſiſhe und
geiſtige Natur des Menſchen, wie au< an die Wirklichkeit und Wirkſam-
keit der Geſpenſter. Bezüglich der Tortur befürwortete er einen mäßigen
Gebrau< und Anwendung derſelben. Ihre Abſchaffung", welche Spee
befürwortet hatte, wollte er ebenſowenig anrathen, mie der Pfärrherr
Schwager von Jöllenbed, welder 1783 ihre Beibehaltung für ein noth-
wendiges Uebel erklärte.
Fünftes Kapitel.
Die Mediciner im 16. und 17. Sahrhunderf.
Eine betrübende Erſcheinung iſ die unläugbare Thatſache, daß die
Medicin als eine Wiſſenſchaft, welche zumeiſt auf Frfahrung beruht, und
ſcharfe Beobachtung erheiſht, ebenſo ſehr von dem Zauberglauben dur{-
ſeu<ht war, wie die anderen Disciplinen , die Jurisprudenz, Theologie
und Philoſophie. Dieſe Erſcheinung tritt mehr im Norden unſeres
Vaterlandes hervor als im Süden; do< auch hier war das Uebel ſhon
groß und Ausgangs des 16, Jahrhunderts wurde von einem Manne gellagt,
„daß Viele an dem Kieſelbette des Cocytus haften und ſo von ſeinem
Ihlammigen Nebe erfaßt werden, daß fie niht leiht mehr entrinnen
fönnen. Der Eine ift blind durch Geiz, der Andere dur<h Jgnoranz,
der Dritte ſtürzt fih hinein durch irgend eine trügeriſhe Einbildung.
Die Hauptſache beſteht darin, daß ſie entweder einen heimlichen Bund
mit dem Satan [ließen oder auf die geheime Anbetung des Satans
ſhwören oder dur< ein genommenes oder gegebenes Bündniß dazu fich
verpflihten. O gottloſes Jahrhundert! o verwerflihe Sitten! O
Shlangenbrut und verderbtes Gejchleht! jedes Jahrhundert hat feine
Seuchen, ſeinen Ausſaß; dieſer Ausſaß aber dringt bis in die Seele
und bis ins Heiligthum des heiligen und höchſten Gottes und gießt aus
feinen Schmuß und feinen tödlichen Gifthaud! Heutzutage iſt faſt die
1) Responsum juris etc. führt nod; an: Sigismund Scaci, jur. Cosultus
romanus celeberrimus pag. 18. qu. I. Köln 1708.
LE es