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Fünftes Kapitel. Die Mediciner im 16. und 17. Jahrhundert. 8343
Mehrzahl der Magiſtrate von dieſem Wahne erfüllt; die Goetie oder
Theurgie wird zur Magie dur< Beſhwörung unreiner Geiſter; und die
auf ſchändlicher Neugierde beruhende Kunſt verblendet Tauſende von
Augen und Tauſende von Seelen.“ Mit dieſem Klagelied beginnt der
engliſhe Arzt Ricardus fein Buch: „Ueber die Blendwerke und Be=
ſ{wörungen der Teufel,“ und, er wie hinzuſeßt „ein ſeltenes, nie da-
geweſenes Buch“; Baſel 1568. Nah ſeiner Ausſage verſteht es der
Satan, wie ein zweiter Proteus, feine Geſtalt zu we<ſeln und den ihm
verbündeten Hexen nah Anwendung von Salben und anderen Vorbes
reitungen bald als Jncubus, bald als Succubus zu dienen ; dabei ahmt
er alle religiöſen Gebräuche nah, als die Taufe, Abendmahl 2c. Die
Frauen ſind am zahlreihſten ihm ergeben, weil ſie in der Untreue und
Gottloſigkeit am weiteſten fortgeſchritten ſind. Den Glauben an Ge-
ipenfter vertheidigt er. Jhren Aufenthalt verlegt er in die die Erde um=
gebende nebelige Luftſchihte. Ferner redet er von Liebestränken, Neſtel«
knüpfen, Beſeſſenen, ſowie über Hexen, welhe in der Geſtalt ungewöhns
liher Vögel, bei den Alten Harpyen genannt , ihr Unweſen treiben.
Den Hauptfig der Gefpenfter verlegt er in den Norden, wo ſie ihre
nächtlichen Zufammenkünfte zu feiern pflegen, wo man nad) Sonnen=
aufgang ihre vom Thaue benegten Spuren entdeden kann. Die Lappen
und Finnen ſollen es verſtehen, na< Art indiſcher Fakire, in verborgenen
Höhlen, wo ſie eherne Fröſche und Schlangen bewahren, mit vorgeſchrie-
benen Beſhwörungen ſih in Extaſe zu verſezen, um die Schidfale weit ent«
fernter Verwandten zu erfahren. Sechs Wege gibt es, auf welchen der
Menſch Zukünftiges erfährt: Träume, Erſcheinungen, Vögel, Eingeweide,
Geiſter und Sybillen. Er gibt Segens\prüche an, wodur<h man ſi< auf
Reiſen ſichere vor Dieben und Räubern. Ebenſo um Blut zu ſtillen,
dur< Feinde unverſehrt hindur< zu gehen u. |. w. Mit Berufung auf
Joh. Gennatius erzählt. er, daß die Fratricellen zur Zeit Kaiſer Ludwigs
des Baiern und während des Schisma3, zu Neapel wahre Orgien gefeiert
hätten. Auch Prieſter ſeien Theilnehmer geweſen. Am Schluſſe ihres
nädtlihen Treibens habe ein Prieſter geprediget, daß die Liebe das
höchite fei; tum demum peracta sacra censebatur, non hoc esse
christi testimonium, »pacem meam do vobis«, sed »creseite et mul-
tiplicamini super terram.« Hierauf feien die Orgien begonnen worden.
Sollte aus folhen Verbindungen ein Kind erzeugt worden fein, jo wurde
es getödtet, zu Aſche verbrannt, und die Aſche mit Wein vermiſcht, den
Novizen vom Prieſter zum Tranke gereiht. Solche Mittheilungen finden
wir in dem Buche des Arztes Ricardus. — Nah hundert Jahren vernehmen
wir einen anderen Vertreter der Arzneikunſt, den gelehrten Fohann
Chriftian Fromann; er hat fi) verewigt durch ſein di>leibiges und