Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
346 Zweiter Theil. Fünftes Buch. Der Proteſtantismus und der Hexenwahn, 
Au der Geſpenſterglaube fand unter den Aerzten entſchie- 
dene Vertreter. M. Johann Heintib De >er fehrieb eine Spectrologia 
hb. e. Discursus ut plurimum Philosophicus de Spectris. Ham- 
burg 1690. Jn ſieben Kapiteln behandelt er die Exiſtenz , das Weſen, 
die Qualität, Aufenthalt, Erſcheinungsweiſe der Geſpenſter und ihre 
Wahrnehmung ſeitens der Menſchen. Der Verfaſſer hebt hervor, daß er 
es vorziehe, die Urtheile berühmter Männer über dieſen Gegenſtand zus 
ſammenzuſtellen, .als ſein eigenes Urtheil zu fällen. Deshalb zeichnet fi 
fein Buch aus dur eine vollſtändige Literatur über die Geſpenſter. Es 
find im Judex der Autoren 225 Namen genannt, auf die er \ih 
beruft. Rechnet man ungefähr 50 heidniſche und katholiſche Autoren 
ab, dann bleiben no< 175 proteſtantiſche Autoren übrig. Sieben da- 
runter handeln ex professo über Geſpenſter, Lavater, Johann von Mün- 
fer, Rivius, Schererzius, ein Annonymu3 »Magica, Sive Historia de 
Spectris.« 1597 in Eisleben; dann „Bemeisthum, daß Geſpenſter ſeien“, 
Hannover 1689. Auch Luther wird Seite 79, 144 u. 171 cieirt; ebenjo 
Bartholomäus Anhorn, welcher feine »Magiolologia« 1674 in Baſel 
herausgab und Deder reichen Stoff zu Eitaten gibt. Seine Anſchauungen“ 
gehen ganz in den abergläubiſchen Vorſtellungen ſeiner Zeit auf. Teufel8= 
buhlſchaft, Wehſelbälge, gehören in ſein Credo. Er belegt ſeine Behaup- 
tungen mit geſchichtlichen Thatſachen in ſeinem Sinne, die er entweder 
in ſeinen Gewährsmännern geleſen oder von folhen gehört haben will. 
Von einigen behauptet er ſelbſt Zeuge geweſen zu ſein, z. B. Seite 185 
das Geipenft in Hamburg. 
Dann die Erzählung aus dem Munde ſeines Collegen Schellwichius, 
wie der Satan 1688 in Migenhall einem kranken Mädchen die vorge- 
haltenen Speiſen wegnahm, eine Thatſache, welche durh die Ortsbehörde 
und den Ortspfarrer feierlich beſtätigt wurde. Auch die berühmte Er- 
zählung, wel<he Gödelmann) aufbewahrt hat, fehlt niht. Dieſer will 
nämlich) von ſeinen Profeſſoren in Wittenberg wiederholt gehört haben, 
daß einſtens ein Mönch zu Luther gekommen ſei unter dem Vorwande, 
über einige papiſtiſhe Jrrthümer mit ihm zu ſprechen, Doh habe 
Luther alsbald den Erzfeind erkannt und ihn mit einem Bibelſpruhe 
davon gejagt. Daß die Geſpenſter niht Seelen verſtorbener Menſchen, 
ſondern nur Erſcheinungen des Teufels ſeien, dafür citirt er neben Luther 
Dr. Spener, Waldſhmidt und Dr. Mayer. Letterer in ſeinem Buche : 
„Das betrübte Kind Gottes“ Kap. : „Anfechtungen wegen der Geſpenſter.“ 
1) G. Gödelmann, Bericht von Zauberern 2c, Frankfurt 1592.
	        
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