Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
  
  
  
  
  
  
352 Zweiter Theil. Fünftes Buch. Der Proteſtantismus und der Hexenwahn. 
(usitatissimo) gekommen, gefeſtiget worden ſei (esse stabilitam fabu- 
lam). Eine Stimme von katholiſcher Seite ſagt: „Nicht die katholiſchen 
Länder allein waren es, wo der Hexenproceß ſeine mörderiſche Thätigkeit 
entfaltete, die proteſtantiſchen Territorien blieben hierin niht zurü>. Ja, 
fie thaten es den katholiſchen in vielen Stü>en zuvor !),“ 
Dabei gewahrt man die betrübende Erſcheinung, daß die proteſtan= 
tiſche Geiſtlichkeit ſich entſchieden für die Hexenproceſſe intereſſirt und ſie 
befördert hat. Die zahlreichen Beweiſe hiefür liefert das erſte Buh des 
erſten Theiles dieſes Werkes. Ein proteſtantiſcher Schriftſteller erklärt: 
„Die Geiſtlichkeit (proteſt.) drang eifrig auf die Einführung der Heren« 
proceſſe, um dem Vorwurf der kegeriſchen Gleichgiltigkeit zu entgehen, 
ſelbſt da, wo ſi das weltliche Regiment dagegen ſträubte, wie in Sieben- 
bürgen 2).“ Ein Superintendent zu Nördlingen predigt 1588 und ber 
langt die Beſtrafung der Hexen ?). Freilih hatte er, wie auh ſpäter 
Dr. Waldſ<hmidt zu Frankfurt, die Auctorität Luthers für fi), welcher 
\hrieb : „Manche Obrigkeit iſt zwar eifrig und läßt ſih angelegen ſein, 
kann aber ihres Orts nichts dahinbringen, daß von dieſer böſen Art und 
hölliſhem Schlangenjame nichts jollte übrig bleiben . . . Gehen derſelben 
alſo etliche durh Schwerdt, Feuer und Rauh darauf , ſo ruhet er gar 
niht, andere zu dieſer ſhre>lichen und abſcheulichen Zauberei zu ver- 
führen und ſein Zeufelsgejhmeiß zu erhalten , ſondern auch zu ber« 
mehren, welches auch durch Verführung kleiner, junger, unverftändiger 
Kinder geſchieht, wie die Erfahrung aller Orten, mehr als gut iſt, ſoles 
genugjam bezeugt ?).” 
Ueber die Geiſtlichkeit in Schottland berichtet ein ebenfalls proteftan« 
tiſcher Schriftſteller 5): „Die Geiſtlichen in Schottland lebten ganz ehrlich 
des allgemeinen Glaubens an Hexerei, indem ſie dieſe als ein Verbrechen 
anſahen, das ihren Stand mehr als irgend einen andern im Staate 
verlebte, da fie, beſonders zum Dienſte des Himmels berufen, vorzug83- 
  
1) J. Baader, Anzeiger für Kunde der di. Vorzeit XXIII. 227. 
2) Dr. Schindler, Aberglaube des M.-Alters. 309. 
3) Dr. Meyer, Periode der Hexenproceſſe. S. 19. Senem folgte in Nürns 
berg Franziskus Erasmus 1695 in ſeinem „hölliſhen Proteus“. Auch er 
hatte während ſeiner Jugend in Thüringen Hexenbrände geſehen, iſt aber na< 
Schindlec „der leichtgläubigſte und geſhwäßigſte aller Schriftſteller.“ Sein „ges 
ſtriegelter Ro>tenphiloſoph“ von 1718 erreichte troydem bis 1759 die 5. Auflage. 
4) Waldſchmidt, Hexenpredigten. Vorrede. 
5) Walter Scott, Briefe über Daemonologie und Hexerei II. 158 u. 164. 
Von 1690—1718 erſchienen in England 25 Schriften zur Vertheidigung des 
Hexenglaubens meiſt von Theologen : Richard Baxter, berühmt durch ſeine Fröm- 
migkeit, war darunter. 
ecc
	        
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