Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
  
  
  
  
  
354 Zweiter Theil, Fünftes Buch, Der Proteſtantismus und der Hexenwahn. 
Offenburger Hexenproceſſe haben ihren Entſtehungsgrund durchaus nicht 
in einer beſonderen Anregung durch die Geiſtlichen. Wenn ein Eins 
greifen von dieſen erkennbar iſt, jo können wir nur ein wohlthuendes 
Beſtreben wahrnehmen , die Leiden der Unglüdlichen zu mildern und zu 
heben. Der Kirchherr i es, welcher der Bäder Elfe Tochter das Leben 
zettete und die Ketten lößte, und Hug die zuleßt verurtheilten Frauen 
dem hirn- und herzverſto>ten Rate aus den Händen wand.“ Das große 
Aufheben , welches Soldan - Heppe!) mit der heſſiſchen Generalſynode 
zu Marburg 1575 macht, verdient dieſes niht, da fie ja die Zauberfache 
ganz vertrauensvoll in die Hände des Landgrafen legte. Dieſer, Land= 
graf Ludwig zu Marburg, wie ſein Vettet Georg zu Darmſtadt , ließen 
noch vor Schluß des 16. Jahrhunderts die Hexenverfolgung ins Leben 
treten. Betreffs der beiden Fürſtbiſchöfe in Bamberg und Würzburg 
kann man die Jnitiative niht dieſen Fürſten zuſchreiben, ſondern ihren 
weltlichen Räthen und dem unfinnigen Verlangen des bethörten Volkes. 
Spee klagt mit Recht über der Erſteren Jndolenz und Gleichgültigkeit ?). 
Jn Münſter regierte der ſehr weiſe und milde Biſchof Bernhard, welcher 
feine Proceſſe aufkommen ließ ?). Der ſpätere Kurfürſt Johann Shön- 
born von Mainz übertraf alle Reichsſtände an Einſicht, Weisheit und 
Vorſicht in der Hexenſahe, weshalb er das Lob und bie Anerkennung 
eines Leibniz wohl verdient hat. Die 5 Jahre währende Hexenverfolgung 
zu Trier 1586—1591 (Soldan - Heppe ſeht 93), welche dur Hungers- 
noth veranlaßt wurde, fand ihr Ende dur. das Reſcript des Kurfürſten 
Sohann vom 18. December 1591 #), Es dürfte zu Hoffen fein, daß 
Soldan-Heppe ſeine Geſchichte der Hexenprocefje einer gründlichen Reviſion 
unterzieht, und ſollte eine neue Auflage davon Zeugniß geben, ſo wäre 
der Zwe> dieſer Unterſu<hung erreicht. J< {ließe mit Wolfgang 
Menzels Worten: „Dergleichen Gräßlichkeiten (Hexenproceſſe) waren das 
ganze Mittelalter hindur< unbekannt; erſt in der geprieſenen Zeit der 
Reformation und der Renaiſſance ſind ſie mit dem römiſchen Rechte und 
  
1) Soldan-Heppe, I. 484. 
2) Spee, XVI. Fr, 27 u. 29. S.-45. Deutſche Ausgabe. Frkf. 1649. 
3) Niehuß, S. 34, 58 u. 69. 
4) Reiffenberg, Hist. rhen. I. 239 citirt Lindens gest. trev: »quia vulgo cre- 
ditum est, annorum continuatam sterilitatem a strigibus et maleficis causari, 
tota patria in exstinctionem maleficorum exsurrexit. III. 170. Hunc motum 
juvabant multi officiati ex hujusmodi cineribus aurum et divitias sperantes.« 
Cornel. Loos hatte dieſes na< eigener Wahrnehmung die „neue Goldmacherkunft” 
genannt. Dr. Binz. Weyer. 103. Soldan-Heppe führt die Lefer irre, wenn er bie 
Worte Lindens ohne die vorſtehenden citirt »deficiebat arator, et vinitor; hinc 
sterilitas«, wodur< ex die Wirkung als Urſache gelten läßt, I. 37. Anmig. 
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