Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

Fünftes Kapitel. Das denuncirte Alter. 57 
der, küffet die Erde und ſpriht: „O du liebe heilige Erde,“ mat das 
Kreuz vor ſi, fie könne nichts." Hierauf ihr Bedenkzeit gegeben. 
Beim Nahmittagsverhör kommt fie gleich auf die Tortur, welche 
zweimal angewendet wird. Sie bekennt, daß ſie Hexe ſei, Schaden ge- 
than, Leute umgebradt. Aber nichts in specie. Losgelaſſen bittet ſie 
um Beiprehung mit Iutherifher und katholiſcher Geiſtlichkeit. Jm fol- 
genden Verhör gibt fie das Jahr 1636 als Datum ihrer Verführung 
an und ihre Mágd als die Verführerin; 8 Perſonen find ihre Mitfehul- 
digen. „Vierzehn Tage vor ihrer Einziehung habe fie den Pfarrer Jacob 
aufgeſuht, der Meinung, ihr Laſter zu bekennen; er aber habe fie zu 
ſeiner Frau gewieſen, weil er ſtudiren müſſe und ſei in ſeine Studier- 
ſtube gegangen ; jene habe ſie hinaus in den Garten genommen, ſo daß 
fie ihren guten Vorſay niht Habe zum Werk richten können, Dieſes 
Verhör fällt auf den 11. Juli. 
Das nächſtfolgende aber datirt 12. November und bezieht ſi< auf 
die Urſache und die Art und Weiſe, wie ſie aus dem Gefängniß ent- 
ſprungen ſei. Sie erklärt, daß die Anweſenheit der Pfarrer dazu geführt, 
ihre Ketten am Stod Ioszulaflen; fie Hatte nach Abgang des Pfarrers 
ſie aus dem Ringe herausgezogen; der Wärter habe fie geichloffen, ohne 
dieſes zu merken, Nah Einbruch der Nacht hat ſie ſi< mit einem Bett- 
tue in den Garten herabgelaſſen, iſ in einem Schelh über den Main 
gefahren und hat ſi dort die Ketten abgeſchlagen. Sie kam nac Lohr, von 
da wollte ſie nah Aſchaffenburg, wurde aber unterwegs wieder captivirt. 
Aus dem Jahre 1644 liegen nur einige Protocolle vor; auch hier 
wiederholt ſi< die traurige Wahrnehmung, daß Kinder-Ausſagen zum 
Tode von Erwachſenen führen. Ein Mädchen von 11 Jahren, Anna 
Reinhardt von Wertheim, bezüchtigt die krumme Margaretha Wolz, daß 
dieſe fie im einer Nacht mit zum Brunnen genommen, um Waſſer zu 
holen, und daß ſie bei dieſer Gelegenheit vom Teufel ſei getauft worden. 
Die Umſtände, welche ſie dabei erzählt, führen die Herren Richter ſelbſt 
zu der Frage: „ob es denn vermeine, daß foldes Alles natürlich zu- 
gegangen und niht etwa ein Traum geweſen ,“ worauf es betheuert, es 
ſei Alles natürlih geweſen. Die von ihr der Magd zugeſchriebenen, un- 
züchtigen Handlungen mögen wohl natürliche Thatſachen zur Grundlage 
gehabt haben. Obwohl Vater und Mutter mit ihr gebetet, ſeien do< 
3 Frauen gekommen, welche fie mitgenommen zum Ausfahren; im Gan- 
zen denuncirt es 5 Perſonen. Beim Ausfahren habe die „Krumme“ 
eine Ruthe gehabt, um ihre Gabel anzutreiben.“ 
Die Margaretha Wolz wird am 8. und 9. April 1644 examinirt, 
iſt ungefähr 18 Jahr alt. Sie ftellte die nächtliche Taufgefchichte vorerft 
entſhieden in Abrede, Hierauf wird die 11jährige Anna mit ihr cone 
  
  
 
	        
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