Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

Siebentes Kapitel. Die freie Reichsftabt Schweinfurt. 83 
\{riftlihen Weg gewieſen. Der Kläger fühlt fi) dadurch beſ<wert, des- 
gleichen die Beklagte, melde geltend macht, daß der Metzger ſie Hexe 
geſholten und Todtenkopf zugerufen habe, worauf die Gaſſenjungen im 
Chorus, „Todtenkopf, Todtenkopf,” „Hex, Her” gerufen. Dieſerhalb reiht 
die Gröbin am 3. September ihre Defenfionsjchrift ein. Der Rath wen= 
det ſih nun an die Nürnbergiſche Juriſten - Fakultät zu Altdorf, um ein 
Gutachten zu erlangen, ob die Jndicien genügend ſeien. Die Antwort 
vom 2, November beſagte: Die Jndicien ſeien niht zureihend, weder ald 
capturam noh ad torturam, habe auh der gelähmte Kläger nict die 
rihtigen Mittel zur Heilung gebrauht. Beklagte ſei von der Jnſtanz zu 
entbinden, aber fürderhin genau zu beobachten. 
Aus dem Jahre 1629 berichten die Acten über den Proceß gegen 
Mittwe Agatha Pollmann, des Pfarrherrn Alex. Schedii zu Burgſimmern 
Tochter, melde in Gräfendorf wohnte. Sie war auf Anzeigen Anderer 
wegen verdächtiger Hexerei eingezogen , examinirt und gefoltert worden, 
ohne etwas gegen ſi< zu bekennen. Sie wird daher entlaſſen und muß 
dem Herrn Neidhard von Thüngen zu Soden, fürſtl. würzb. Oberſt- 
lieutenant „aus ſolcher: hier in Gräfendorf habender Gerechtigkeit“ Urphede 
\{hwören und das Land verlaſſen. Anläßlich des Ausganges dieſes Proceſſes 
richtet der Bürger Georg Lill eine energiſche Beſhwerdeſchrift an Bürger- 
meiſter und Rath der freien Reichsſtadt Schweinfurt. Er klagt darin 
über unqualificirte Commiſſarien, welche die Pollmannin zu unterſchieden 
Malen ohne gegründete re<htmäßige Urſachen dur<h vielfältige, ab- 
wechjelnde TZorturen mit unmenſhliher Grauſamkeit pei- 
nigen laſſen, daß fie ganz um ihre Gejundheit gebracht und die Zeit 
ihres Lebens ein armſeliges Menſch ſein muß. 
Mann fie dann an berührter Exorbitanz ſih nicht erſättiget, ſondern 
ſie haben ledig laſſen müſſen, weil ſie nihts bekennet, hat ſie Beſchwerde 
erhoben beim Reichskammergeriht und ein Mandat erhalten de damno 
restituendo, dagegen die übelberüchtigten Commifjarii ſi< mit Exceptio- 
nibus ſalviren wollen. 
Sie hat in 36 Wochen nicht blos ihr Vermögen eingebüßt , ſon- 
dern auch oft wiederholt unmenſ<hlihe Torturen erlitten, mit angezündetem 
Schwefel an verſchiedenen Orten des Leibes, Hals, Hand, Schenkel, Bruſt 
und Rüden jämmerlih verbrennen laſſen, deren vestigia augenſcheinlih 
vorhanden. Bittet derohalber um Sendung eines Schöffen, Arztes und 
Feldſcherers zur Unterſuchung der Brandwunden, damit ſie beim Kammer- 
gericht in Speyer weiter handeln könne. 
Jm Zanuar 1640 kommen zwei Knaben Zauberei halber zur Haft. 
Georg Kuhn, 14 Jahre, und Hans Reinhard, eines Pfarrers Sohn, 
11 Jahre alt. 
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