84 Erſter Theil. Erſtes Buch, Die Hexenproceſſe in proteſtantiſchen Territorien.
Der erſtere erzählt in ſeinem Verhöre die wunderlihſten Dinge. Vor
vier Jahren mit dem Vater ſpazieren gegangen, da kommt ein Haaſe fo
groß wie ein Fus und habe zum Vater geſagt, ſoll viel Haaſen fangen,
jonft Hau ich dir den Kopf ab. Vater mar erſhro>n und ſ{wieg.
Später der Haaſe ihm begegnet, ihm den Kopf ins Waſſer geſeßt und
beſprizt, dabei geſagt, er ſolle fein viel Vögel fangen. Der Haaſe hatte
Ihmwarzen Kopf, grauen Rüden, vierediges Maul und röthliche Nafe.
Vor zwei Jahren auf einen Birnbaum geſtiegen, war ein Vogel,
\{warz und weiß, hat ihn auf Stirn, Naſe und Kopf gepi>t, bis Blut
gelaufen. Da hat der Vogel ein ſpizes Hölzhen vom Baume gebrochen
und geſagt, er folle feinen Namen auf das Papier einschreiben, fonft
niht lebendig vom Baum fommen, er habe joldhes gethan, und der Vogel
das Blättlein zu fi genommen und davon geflogen. Nur zwei Mal
ſei er hinaus gegangen und geſagt, „Böglein, Vöglein, halt mich,” e3 aber
feinem Buben gelehrt außer das Hänslein. Dieſes war mit auf den
Baum geſtiegen. Ein ander Mal ſei zwölf Uhr Nachts ein Bettelbub
vor ſein Haus gekommen, ihn gewe>t und den Reinhard zum Oberthor
mitgenommen, Dort vier Haben und ein Bo> an ein Kutſchlein ge-
ſpannt geweſen, hierauf eingeſtiegen, über die Schanz hinausgefahren und
über Wieſen bis zum Sand. Der Bettelbub hab Holz aufgeladen, dann
zurüdgefahren, habe “jeder fich niedergelegt. Büttners Hänslein habe ihm
die Thür aufgemadt. Nicht lange her habe er fich nächtlicher Weile ge-
legt, da hätten die Haben fo ein Gepratjchel gemadt, und er habe Feuer
geſehen.
Hierauf wird der kleine Reinhard, des Pfarrers von Wieſenbronn
Sohn examinirt. Er erzählt; daß Kühn ihn gelernt habe, wenn du auf
den Baum willſt, mußt du ſagen, „Vöglein, Vöglein hol mich“ und ein
Kreuzlein unter den Baum legen, ſo kannſt du hinauf, wie du willſt.
Hierauf erzählt er das Beſteigen des Baumes unter Beihülfe eines
Vogels mit Storhflügeln, ſowie die nächtliche Ausfahrt mit dem Kaben-
geſpann.
Dieſes Phantaſiegebilde zweier hallucinirender Knaben wird einer
ho<hwürdigen Geiſtlichkeit der fr. Reichsſtadt S<hweinfurt zur Begut-
a<htung und »ad informationem conscientiae judicis« unterbreitet.
Dieſe Herren „pflichtſhuldige Diener am Wort“ M. Joh. Kuſer, Super-
intendent, B. Schudel, F. C. Cremer, M. Andr. Brü>ner , Diakon,
nehmen die Sache ſehr ern und beantworten die Anfrage mit einem
fieben Seiten füllenden Berichte unter genauefter Unterfuhjung der »species
factie. Sie haben mündlide Relation eingezogen, wozu -no< das
»novum emergens« gefommen, daß in der Geftalt des G. Kuhn eine Larve
des Satans dem andern, dem Hans Reinhardt, ſeit der Zeit er in Vers