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Sicherungs-
Ipferwillen,
WW. wir uns nunmehr den Denkmälern des Domes zu. So schwer die Verluste sind, die
gerade unser Mainzer Dom in seiner Ausstattung erlitten hat (man bedenke — abgesehen
von allem anderen —: es ist nicht ein einziger von seinen großen Altären des 15. oder 16. Jahr-
hunderts erhalten! es ist nichts mehr von Bronze dal), trotz allem hat er in seinen Denkmälern
eine Reihe plastischer Kunstwerke aufzuweisen, die an Vielseitigkeit und Wert die Denkmäler-
reihen aller anderen deutschen Kirchen um ein beträchtliches überragt. Es handelt sich dabei vor
allem um Grabdenkmäler. Dazu kommen einzelne Ausstattungsstücke, die der Gottesdienst er-
fordert, für die späteren Zeiten insbesondere die Altäre, endlich Einzelheiten aus dem Besitz der
Kirche, Stiftungen oder Erwerbungen. Wir wollen hier nicht die Gattungen gesondert betrachten,
sondern versuchen, einen Überblick über die Entwicklung der Mainzer Plastik im ganzen zu er-
langen, soweit sie aus dem Besitz des Domes erkennbar wird.
An den Anfang stellt sich ein karolingisches Stück (vielleicht vom Kloster St. Alban), ein Stein
mit der Figur Christi in Relief (Tafel 28 f.), schon als eines der ganz seltenen Beispiele karolingischer
figürlicher Reliefplastik größeren Maßstabes — wenn auch immer nur vergrößerte Kleinplastik —
höchst merkwürdig. Vorläufig ist es noch nicht gelungen, einen engeren Zusammenhang mit irgend-
welchen Schöpfungen antik -frühchristlicher Plastik aufzuweisen, so gewiß auch ein solcher Zu-
sammenhang besteht: ein Blick auf die Denkmäler der Steinhalle des Mainzer Museums, römische
und frühchristliche, stellt das außer Frage. Man beachte auch das Ornament (Tafel 29), das in der
karolingischen Elfenbeinkunst seine überzeugenden Parallelen hat. Der nächste Stein (Tafel 30)
zeigt nur Ornament: es ist schon weit „romanischer‘“ als das des Steines von St. Alban. Schon
erscheint das Ziel, dem dann das 12. Jahrhundert mit besonderem Eifer nachtrachten sollte, im
Hintergrund. Aus eigentlich ottonischer Zeit hat der Dom Denkmäler der Plastik nicht aufzuweisen;
nur die meisterhaften, aber schmucklosen Türflügel des Erzbischofs Willigis können hier angeführt
werden (Tafel 19). Sie schließen heute eine Architektur von großer Feinheit so vollkommen, als
ob sie für sie gemacht wären. Und doch ist diese Architektur rund zweihundert Jahre jünger: wir
haben sie bereits als eine Arbeit vom Beginn des 13. Jahrhunderts kennengelernt. Nur eingegrabene
Inschriften — freilich sehr schöne — gaben ursprünglich dem Leistenwerk der mächtigen ehernen
Tafeln ein besonderes Leben: auch die herrlichen Löwenköpfe (Textabb.) sind eine spätere Zutat.
So kennzeichnen auch diese Türen noch einmal den auf klare feste Form mehr als auf Schmuck
gerichteten Willen der ottonischen Zeit. Dagegen haben, wie schon oben ($. 10) erwähnt wurde,
die oberitalienischen Steinmetzen Heinrichs IV. und ihre deutschen Gehilfen allerlei bildnerische
Schöpfungen am Ostbau des Domes hinterlassen. Ihre Art wurde schon charakterisiert. Hier will
ich nur auf den Unterschied hinweisen, der zwischen diesen bald ganz abstrakt ornamentalen,
bald wieder unförmlich gedunsenen weichen Gestaltungen und den Bildungen der ungefähr hundert
Jahre jüngeren, oben ebenfalls schon erörterten Werke besteht (Tafel 19ff.): wie da trotz aller Be-
stimmtheit durch einen linearen Flächenstil doch eine straffe jugendliche Festigkeit und ein Gefühl
für den inneren Zusammenhang des organisch Gewachsenen deutlich wird, wie es die vorauf-
gegangenen Jahrhunderte nicht gekannt haben. Ganz von fern kündigt die Gotik sich an. Drüben
in Frankreich war sie längst zur fertigen Erscheinung geworden. Und nun, nur um eine Generation
nach den Meistern jener dekorativen Plastik von 1200, erschien sie auch in Mainz, zuerst in den
Werken eines Künstlers, der — offenbar mit Gehilfen — vielleicht schon bald nach der Mitte der
3 Kautzsch, Mainzer Dom 17