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Bewegung der Elemente in der Richtung auf
den Barock hinwies, so herrscht hier die aus-
geglichene Ruhe der Hochrenaissance. Der
Aufbau in wagrecht gelagerten und parallel
zur Wand gestuften Schichten aus klar ge-
gliederten, wohlgebildeten Teilen, in vor-
trefflich abgewogenen Verhältnissen; das
Auskommen mit wenigen, aber groß ge-
gebenen Elementen; die Unterordnung des
Schmucks unter die Architektur und die
Figurengruppe: das alles wirkt so ruhig wie
bedeutend. Dazu kommt die würdige Feier-
lichkeit, die gesammelte Stimmung der Knie-
enden: „Die Adoranten nehmen gleichsam
das Abendmahl.“ Ja, das Denkmal ist wirk-
lich das Meisterwerk .der niederländischen
klassizistischen Hochrenaissance im Mainzer
Dom, ein Musterbeispiel des Stils in der
ganzen Gegend.
n den Kreis der Robyn gehört auch ihr
Neffe Peter Osten. Auch er stammte aus
Ypern, vielleicht war er schon vor seinen
beiden Onkeln nach Deutschland gekommen. Größere Aufträge in Würzburg und Mainz haben
ihm aber doch wohl erst die Robyn verschafft. Im Dom zu Mainz erscheint er mit dem großen
Epitaph des Propstes und Wormser Bischofs Georg von Schönenburg (7 1595), das er wenigstens
noch begann: der untere Teil stammt von ihm (Tafel 153). Wenn die Robyn Architekten waren,
so ist er ein Ornamentist, „vielleicht der feinste und phantasievollste des Floriskreises“, urteilt
Bruhns. Jedenfalls erreicht ihn in Mainz kein anderer innerhalb dieser Generation in der reichen
Mannigfaltigkeit, in der Anmut und Zierlichkeit der Gebilde. Damit weist er vorwärts. Denn das
Schmuckreiche, die elegante, feine Arbeit ward so recht das Ideal der kommenden Zeit.
uf die Gruppe der Niederländer, die im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts auch in Mainz
das künstlerische Leben beherrschten, folgt um die Jahrhundertwende eine neue Generation:
es sind bezeichnenderweise nun wieder deutsche Meister. Das besagt: die Fremden sind über:
flüssig geworden, man hat von ihnen gelernt, was zu lernen war. Jetzt beherrscht man selber aus
dem Grunde die antikische Formensprache, die Formensprache der italienischen Renaissance, ihre
Figurenbildung, ihre Stellungen, Gesten, Gruppierung, Komposition. Man drückt sich in den
fremden Formeln so leicht und vollkommen aus wie einst in den „gotischen“. Gewiß: wirklich
große Künstler vermochten auch in diesen Lauten Eigenes, ernste und empfundene Dinge zu
sagen. Aber es lag doch in der Annahme einer fertigen anderswo gewachsenen Kunst ein ungemein
starkes Moment der Veräußerlichung des ganzen künstlerischen Schaffens. Und wie weit diese
Veräußerlichung geht, das zeigt sofort eine ganze Reihe höchst bezeichnender Züge. Ich nenne
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22. Kreuzschleppung vom Nassauer Altar