— 1893 —
Kraftlinienfeld. Da auch die zweite Spule dieselben Kraftlinien um-
schliesst, so wird in dieser ein Wechselstrom induziert.
Die im Eisenkern erzeugte Kraftlinienzahl ist dem Produkte aus
Windungszahl und Stromstärke, die Stromstärke dem Spannungs-
unterschiede an den Klemmen proportional.
Die in der zweiten Spule induzierte EMK ist der Anzahl der
auftretenden und verschwindenden Kraftlinien und der Windungszahl
proportional.
Die in den beiden, dieselben Kraftlinien umschliessenden Spulen
thätigen EM Kräfte sind daher den beiden Windungszahlen propor-
tional. Man hat somit die Möglichkeit, durch die Wahl des Verhält-
nisses der Zahl der Windungen der beiden Spulen jedes beliebige
Umsetzungsverhältnis zu erreichen.
n
Das Umsetzungsverhältnis ist daher sehr nahe gleich wu wenn
Ds
mit n, die Windungszahl der einen Spule, und mit n, die Windungs-
zahl der anderen Spule bezeichnet wird.
Diejenige Spule, der ein umzusetzender Wechselstrom zugeführt
wird, heisst die primäre Spule oder primäre Wieckelung; die
Spule, in der ein induzierter Wechselstrom entsteht, der dann
anderweite Verwendung finden soll, wird die sekundäre Spule
genannt.
2. Geschichtliches über die Transformatoren.
Obgleich schon früher Vorschläge gemacht worden waren, die
elektrische Energie einer Wechselstromquelle durch Induktionsapparate
gleichzeitig an verschiedenen Verwendungsstellen nutzbar zu machen,
so gebührt doch L. Gaulard und J. D. Gibbs das Verdienst, zum
ersten Male brauchbare Transformatoren in grösserem Massstabe zu
diesem Zwecke hergestellt und zur praktischen Anwendung gebracht
zu haben. Gelegentlich der Ausstellung in Turin im Jahre 1884
haben die Genannten durch eine in Lanzo aufgestellte Wechselstrom-
maschine längs einer im ganzen 80 km langen, aus 3,7 mm starken
Bronzedraht bestehenden Leitung die primären Wickelungen der Trans-
formatoren, die in Lanzo, Venaria und Turin aufgestellt waren, mit
Wechselstrom gespeist und von den sekundären Wickelungen aus an
den betreffenden Orten befindliche Glühlampen und Bogenlampen
in Thätigkeit gesetzt. Die Transformatoren waren aus offenen Ringen
von gestanztem Kupferblech aufgebaut. In dem Hohlraume der Ringe
befand sich ein Eisenkern, der verschieden tief eingesenkt werden
konnte. Die vorspringenden Enden der von einander isolierten Kupfer-
ringe waren abwechselnd mit einander verbunden, so dass z. B. die