N. Kapitel,
Regelung und Verteilung der Wechselströme.
1. Das Parallelschalten von Wechselstrommaschinen.
Lange Zeit hindurch hat eine grosse Unklarheit darüber bestanden,
wie Wechselstrom- und Drehstrommaschinen beschaffen sein müssen,
damit dieselben bei Parallelschaltung mit gutem Synehronismus weiter
laufen, und keine derselben während der Arbeit auf ein gemeinsames
Verteilungsnetz ausser Tritt falle. Anfänglich glaubte man, dass
ein gewisser, nicht zu niedrig bemessener Betrag von Selbstinduktion
im Anker der Maschinen erforderlich sei, die zu Parallelbetrieb be-
stimmt seien; später neigten sich mehrere hervorragende Elektro-
techniker der Ansicht zu, dass Maschinen um so leichter in Parallel-
schaltung arbeiteten, je geringer die Selbstinduktion im Anker sei.
Jetzt weiss man, dass, von extremen Fällen abgesehen, die Parallel-
schaltung von der Grösse der Selbstinduktion im Anker der Maschine
nur ganz wenig abhängt, dass aber aus wirtschaftlichen Gründen
Maschinen mit geringer Selbstinduktion vorzuziehen sind.
Soll das Parallelschalten von Wechsel- oder Drehstrommaschinen
ohne Störung, d. h. ohne Spannungsschwankungen im Verteilungs-
netze sich vollziehen, so muss bei dem Zuschalten nicht nur die
Spannung, sondern auch die Wechselzahl und die Stromphase der
neu hinzutretenden Maschine mit den entsprechenden Grössen der
bereits in Thätigkeit befindlichen Maschinen möglichst genau über-
einstimmen. Sind die Maschinen einmal auf synehronen Lauf ge-
bracht und parallel geschaltet, so suchen sie den synchronen Lauf
beizubehalten, weil die Maschine mit dem verzögerten Stromimpuls
durch die andere beschleunigt, die letztere dagegen verzögert wird.
Die Schwierigkeit beruht darin, dass die eine zuzuschaltende
Maschine zunächst unbelastet läuft, während die anderen Maschinen
bereits belastet sind, und die Regulatoren der Dampfmaschinen oder
Turbinen nur dann auf die Innehaltung der angenommenen Um-
laufszahl wirken, wenn die Arbeit abgebenden Maschinen eine be-
stimmte nicht zu geringe Belastung haben. Man kann daher, wenn
nur Centrifugalregulatoren die Geschwindigkeit der Antriebsmaschinen
ändern, die Belastung der einzelnen Wechselstrommaschinen nicht will-
kürlich ändern, ohne den Synchronismus des Systems zu gefährden.