Waldeder Verkehr, aber da der ältere von dem Kaiſer nah wie
vor als untrügliches Orakel benußt und ihm alle Geſchäfte vor-
getragen und nichts entſchieden wurde, bis der arme Gicht:
brüchige einen fchmerzfreien Augenblid gefunden hatte, wo er
ſeinen Rath ertheilen konnte, ſo war er es in der lebten Sn:
ſtanz, von dem auh die Sache der Walde>ker Grafen abhing.
Natürlich trug dies niht dazu bei, den ohnedies langſamen
Geſchäftsgang zu beſchleunigen. Ohnedem waren gerade da-
mals politifche Angelegenheiten weltgefchichtlicher Tragweite in
Menge zu erledigen. Jett endlich follte die große Frage der
Zeit, die kirchliche, gelöſt werden. Die Proteſtanten auf der
einen Seite, der Papſt und das von ihm beherrſhte Konzil
auf der anderen, die drohende Haltung des neuen franzöſiſchen
Königs Heinrich IT., die Verhältniſſe Ungarns, der Waffenſtill-
ſtand mit Soliman II. und viele andere Dinge von gleicher
oder ähnlicher Bedeutung, — das alles wurde vor dem Bette
des alten Granvella erwogen. Der Kaiſer ſelbſt aber blieb
nach wie vor ein Mann, der jedem raſchen Entſchluß abhold
war, der jede Entſcheidung, au<h wenn er fie innerlich ſchon
getroffen hatte, formell wenigſtens möglichſt lange hinausſcob.
Wie hätte man da Zeit für eine folche Bagatelljache, wie die
der Waldedfer Grafen, finden ſollen? Ein kaiſerlicher Sekretär
erzählte ihnen, wahrfcheinfich um fie zu tröſten, daß ein Lands
mann von ihnen, der nichts weiter als die Faijerliche Unter:
ichrift für ein Dokument haben wollte, zehn Monate in Augs-
burg ſi<h herumtreiben mußte, bis er fie glü>li<h erlangte.
Aber ſelbſt ein Mann wie Graf Wilhelm von Naſſau wartete
damals fchon viele Monate auf eine kaiſerliche Reſolution; er
hatte bereits 30 000 Goldgulden in Augsburg verzehrt, was
bei ihm, dem reichen Grafen, angehen mochte. Aber mit ſolchem
Trofte war natürlich den armen Grafen wenig gedient.
Wollte man einen Bli oder gar ein Wort des Allmäch-
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