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geben aber ſollte man auh hier durchaus nicht, denn andrer:
jeitö zeigt auch auf diefem Gebiet eine große Zahl wirkli
ſhöner Leiſtungen und künſtleriſher Löſungen, daß der ete
Künſtler auch bei dieſem Problem gegen den geſunden Menſchen-
verſtand nicht verſtößt. Beſonders oft habe ich mich bei Henteln
über menjchliche Figuren geärgert, die ſtatt zweier Arme mir
nichts dir nicht? einfach zwei runde Knöpfe hatten, und es wäre
doch ſo leicht geweſen, die Arme über den Kopf empor zu heben
oder Hinten auf dem Rüden zuſammen zu falten oder Gott weiß
was damit vorzunehmen, und ih kann es nur für Unverſtand
des Künſtlers erfären, der noch nicht begriffen hat, daß er zu
ſeinen Verzierungen nicht jedes Beliebige verwenden darf, was
ihm gerade in den Mund läuft.
Die Verwendung von menſchlichen und thieriſchen Geſtalten
iſt überhaupt im Kunſthandwerk ſo weit verbreitet, daß man
ſih faſt allgemein daran gewöhnt hat, auf allen möglichen
ungehörigen Stellen irgend eine Menſchen- oder Thiergeſtalt
ganz oder theiweiſe zu finden. Ueberall da, wo dieſe ganz
oder zum Theil erſcheinenden Geſtalten des lebenden Weſens
uns erfihtlih nur Verzierung ſein wollen, d. h. als Flach-
ornament auftreten, wird man wohl nichts mehr dagegen ein-
wenden dürfen. Sie werden aber auch ſehr häufig als Rund-
vildwerk zu einer Verzierung ohne weitere Bedenken bei einer
Unzahl von Gegenftänden, namentlich der kleinen Kunſt, zur
Verwendung gebracht. Ich muß zugeben, daß es dabei jchwer
iſt, eine Grenze zu ziehen, wo das Erlaubte aufhört und das
Unerlaubte anfängt, aber wenn Sie fich diefe alt - etrugfifche
Haarnadel Hier (Abbildung 9) betrachten, jo werden Sie fid
vielleicht mit mir an der Knopfverzierung ſtoßen. Sie ſehen,
als Knopf hat der Kunſthandwerker hier einen Widderkopf ver-
wendet. Blumen, Sträucher, Blätter und viele andere Dinge
fommen nun in der Natur ſowohl in großem wie in kleinem
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