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22. Elektromagnet. 55
gewissen Umständen hängen bleibt, obwohl der Strom unterbrochen
ist, In einem geschlossenen magnetischen Kreise besteht nämlich
ein Theil der Kraft noch fort, nachdem ihre Ursache schon zu
wirken aufgehört hat. Hängen wir deshalb an einen Magnet von
grosser Tragfähigkeit ein verhältnismässig kleines Gewicht, so kann
schon die zurückbleibende Kraft genügen, um es festzuhalten. Da
dies jedoch nur eine sekundäre Wirkung ist, brauchen wir sie nicht
weiter zu berücksichtigen, und nehmen daher an, dass der Magnet
seine Tragfähigkeit verliert, sobald der Strom unterbrochen wird.
Weitere Versuche ergeben, dass die Tragfähigkeit des Magnetes
bis zu einem gewissen Grade mit der Stärke des ihn erregenden
Stromes zunimmt. Auf Seite 38 zeigten wir, dass zwischen der
Tragfähigkeit eines Magnetes und seiner Polstärke, oder besser der
Zahl der Kraftlinien, die an seinen Polen austreten, eine bestimmte
Beziehung besteht. Mit Hülfe der dort entwickelten Formel können
wir aus dem Gewichte, das in jedem Falle erforderlich ist, um den
Anker abzureissen, die gesammte durch den Strom erzeugte Induk-
tion berechnen. Kennen wir ausserdem die Zahl der Drahtwin-
dungen auf den Spulen, so sind wir im Stande, allgemein anzugeben,
wieviel Kraftlinien bei einer bestimmten Anzahl von Amperewin-
dungen oder bei einer bestimmten erregenden Kraft, wie diese Grösse
allgemein genannt wird, in unserm magnetischen Kreise verlaufen.
Diese Untersuchungsmethode liefert indessen nur ungenügende Re-
sultate, da die Kanten der Polflächen, wie ebenfalls auf Seite 38
gezeigt ist, einen störenden Einfluss ausüben. Man wendet deshalb
gewöhnlich eine andere von Hopkinson angegebene Methode an,
um die Beziehung zwischen inducirender und inducirter Kraft für
verschiedene Eisensorten abzuleiten. Wir werden hierüber später
zu sprechen haben. Vorläufig möge die Bemerkung genügen, dass
die indueirte Kraft bis zu einem gewissen Grade mit der induciren-
den zunimmt, und dass sie bei weichem Eisen für einen bestimmten
Betrag der erregenden Kraft ihr Maximum erreicht.
23. Solenoid.
Wie wir sahen, wirkt eine einzelne kreisförmige Drahtwindung,
(siehe Fig. 17), welche vom Strome durchflossen wird, in derselben
Weise auf einen Magnet, als ob sie selbst ein Magnet wäre. Hängen
wir eine solche Windung so auf, dass sie sich ohne Reibung um