196 Elftes Kapitel.
Ankerwicklung und von den magnetischen Kraftlinien jedes einzelnen
Leiters erzeugt wird. Bei einem Trommelanker ist dies auch hin-
reichend, weil es hier nur äussere Ankerdrähte giebt; bei einem
Ringanker haben wir jedoch ein inneres und äusseres Feld (Fig. 73)
und die Selbstinduktion in den innern und in den äussern Drähten
zu berücksichtigen. Hier tritt daher leicht eine noch stärkere Funken-
bildung als bei dem Trommelanker auf. Dementsprechend hat man
auch beim Ringanker die Bürsten um einen grösseren Winkel zu ver-
schieben, um die Funken zu vermeiden.
Die Art der Wicklung hat ebenfalls einen Einfluss auf die
Funkenbildung und folglich auch auf die Verschiebung der Bürsten.
Entspricht jedem Kommutatorsegment nicht eine einzige Windung,
sondern eine Spule mit vielen Windungen, so ist die Selbstinduktion
grösser und deshalb ein stärkeres Feld für die Umkehrung der
Stromrichtung erforderlich. Neuerdings sucht man daher die Win-
dungszahl, die auf ein Kommutatorsegment kommt, möglichst zu be-
schränken und wendet lieber eine grössere Zahl von Segmenten an.
Der Einfluss dieser Punkte ist im Abschnitt 60 näher erläutert.
Für jetzt wollen wir nur noch untersuchen, welche Rolle die Zeit
bei dem Vorgang des Kommutirens spielt. Wir haben gesehen, dass
der Strom in jedem Draht auf Null gebracht und umgekehrt werden
muss, während sich der Draht aus der Lage 6 nach der Lage 2
(Fig. 72) bewegt. Der ganze Vorgang des Kommutirens muss also
in dem Zeitraum beendigt sein, in dem der Draht von der einen in
die andere Lage übergeht. Da diese Zeit um so kürzer ist, je
grösser die Geschwindigkeit des Ankers gewählt wird, so könnte es
auf den ersten Blick scheinen, als ob ein funkenfreier Gang bei
grosser Geschwindigkeit schwieriger herzustellen wäre als bei ge-
ringer. Die Bürsten müssten also bei grösserer Geschwindigkeit
weiter verschoben werden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die
elektromotorische Kraft, die dem vorhandenen Strome in jedem
Drahte entgegenwirkt und den entstehenden unterstützt, wird frei-
lich um so grösser sein, je kürzer der Zeitraum ist, der hierfür zur
Verfügung steht. Denn wir müssen bedenken, dass diese elektro-
motorische Kraft dadurch entsteht, dass Kraftlinien geschnitten wer-
den; sie ist deshalb dem Produkt aus Geschwindigkeit und Dichte
der Kraftlinien in dem Theile zwischen 2 und 6 direkt proportional.
Je grösser die Geschwindigkeit, um so höher ist jedoch auch die
elektromotorische Kraft, welche die Stromumkehrung unterstützt.