107. Bedingung für einen stationären Gang. 385
schienen und für den Anker gegeben, und es fragt sich, in welcher
Weise die Leistung der Maschine von der Phasenverschiebung
zwischen den beiden Spannungen abhängt. Um die praktische
Tragweite dieser Frage kennen zu lernen, wollen wir annehmen,
dass die Spannung des Ankers jener der Sammelschienen voraneilt
und dass sich die Dampf- und die Dynamomaschine im Gleichge-
wieht befinden. Nimmt nun aus irgend einem Grunde die Leistung
der Antriebsmaschine zu, so wird unmittelbar auch die Phasenver-
schiebung wachsen, und wächst dann gleichzeitig die Leistung in
hinreichend starkem Maasse, so können die Dampfmaschine und die
Wechselstrommaschine wieder in einen stationären Gang kommen.
Verursacht aber die Zunahme der Phasenverschiebung eine Abnahme
der Leistung, so ist der neue Zustand nicht stabil, und die Dampf-
maschine geht durch.
Des bessern Verständnisses halber wollen wir ein Beispiel wählen.
Es möge die Spannung an den Sammelschienen von einer sehr grossen
Maschine erzeugt werden, deren Selbstinduktion und Widerstand zu
vernachlässigen sind. Mit der grossen Maschine soll eine kleine Ma-
schine zunächst mechanisch gekuppelt sein, und zwar in verstellbarer
Weise, so dass die beiden Anker verschiedene Winkel mit einander
bilden können und die Phasendifferenz der Spannung beider Maschinen
beliebig zu verändern ist. Zeichnen wir in jedem Falle das Vektor-
diagramm, so müssen wir uns vor allen Dingen über die Richtung,
in der jede der beiden elektromotorischen Kräfte wirkt, im Klaren
sein. Sind z. B. beide Maschinen parallel geschaltet und verläuft
in dem Diagramm der grossen Maschine der Vektor der elektro-
motorischen Kraft in einem bestimmten Augenblicke vertikal nach
unten, so hätten wir ihn in dem Diagramm der kleinen Maschine
vertikal nach oben anzubringen. Sind die beiden Maschinen hinter
einander geschaltet, so behält natürlich die elektromotorische Kraft
der grossen Maschine ihre Richtung bei, wenn sie auf das Diagramm
der kleinen Maschine übertragen wird.
Die Parallelschaltung ist schematisch in Fig. 166 dargestellt,
wo m die kleine und M die grosse Maschine bezeichnet; zwischen
die Verbindungen beider sind Glühlampen geschaltet. Das beige-
fügte Diagramm ist so einfach, dass wenige Worte zu seiner Er-
klärung ausreichen. In dem Zeitpunkt, auf den sich das Diagramm
bezieht, erzeugt die grosse Maschine eine nach unten gerichtete elek-
tromotorische Kraft OE, die natürlich im Diagramm der kleinen
Kapp, Dynamomaschinen. 3. Aufl. 25