58 Fünftes Kapitel.
gewissen Umständen hängen bleibt, obwohl der Strom unterbrochen
ist. In einem geschlossenen magnetischen Kreise besteht nämlich
ein Theil der Kraft noch fort, nachdem ihre Ursache schon zu
wirken aufgehört hat. Hängen wir deshalb an einen Magnet von
grosser Tragfähigkeit ein verhältnismässig kleines Gewicht, so kann
schon die zurückbleibende Kraft genügen, um es festzuhalten. Da
dies jedoch nur eine sekundäre Wirkung ist, brauchen wir sie nicht
weiter zu berücksichtigen und nehmen daher an, dass der Magnet
seine Tragfähigkeit verliert, sobald der Strom unterbrochen wird.
Weitere Versuche ergeben, dass die Tragfähigkeit des Magneten
bis zu einem gewissen Grade mit der Stärke des ihn erregenden
Stromes zunimmt. Auf Seite 41 zeigten wir, dass zwischen der
Tragfähigkeit eines Magnetes und seiner Polstärke, oder besser gesagt,
der Zahl der Kraftlinien, die an seinen Polen austreten, eine bestimmte
Beziehung besteht. Mit Hülfe der dort entwickelten Formel können
wir aus dem Gewichte, das in jedem Falle erforderlich ist, um den
Anker abzureissen, die gesammte durch den Strom erzeugte Induk-
tion berechnen. Kennen wir ausserdem die Zahl der Drahtwin-
dungen auf den Spulen, so sind wir im Stande, allgemein anzugeben,
wieviel Kraftlinien bei einer bestimmten Anzahl von Amperewin-
dungen oder bei einer bestimmten erregenden Kraft, wie diese Grösse
allgemein genannt wird, in unserm magnetischen Kreise verlaufen. _
Diese Untersuchungsmethode liefert indessen nur ungenügende Re-
sultate, da die Kanten der Polflächen, wie ebenfalls auf Seite 41
gezeigt ist, einen störenden Einfluss ausüben. Man wendet deshalb
gewöhnlich andere Methoden an, um die Beziehung zwischen
indueirender und inducirter Kraft für verschiedene Eisensorten
abzuleiten. Wir werden hierüber später zu sprechen haben. Vor-
läufig möge die Bemerkung genügen, dass die inducirte Kraft bis
zu einem gewissen Grade mit der indueirenden zunimmt, und dass
sie bei weichem Eisen für einen bestimmten Betrag der erregenden
Kraft ein Maximum erreicht.
23. Solenoid.
Wie wir sahen, wirkt eine einzelne kreisförmige Drahtwindung
(siehe Fig. 17), welche vom Strome durchflossen wird, in derselben
Weise auf einen Magnet, als ob sie selbst ein Magnet wäre. Hängen
wir .eine solche Windung so auf, dass sie sich ohne Reibung um