212 Die pneumatische Kraftübertragung.
Grenzen bleibt; es ist dies eine Forderung, die von allen Maschinen
erfüllt werden muss. Wenn zweitens der Druck über eine bestimmte,
durch die Festigkeit des Röhrenmaterials gegebene Grenze erhöht
wird, so kann, wie jeder Techniker weiss, keine Verstärkung der
Rohrwandungen oder der Arbeitscylinder diese Theile vor Zerstörung
schützen. Für die elektrische Spannung giebt es eine solche Grenze
bei Dynamomaschinen und Elektromotoren nicht; es lässt sich jede
beliebige Spannung anwenden, wenn wir nur für die nöthige Isola-
tion Sorge tragen.
Als weiterer Unterschied von höchster Bedeutung zwischen der
elektrischen und hydraulischen Kraftübertragung ist zu erwähnen
dass der Elektromotor fast bei allen Belastungen den gleichen Wir-
kungsgrad hat, während der Wassermotor bei geringer Belastung
weit ungünstiger als bei voller arbeitet. Die hydraulische Kraft-
übertragung kann deshalb nur dort angewandt werden, wo die,
Frage des Wirkungsgrades eine nebensächlicher Bedeutung hat,
oder wo die zu übertragende Kraft keinen Veränderungen unter-
worfen ist.
Alle diese Bemerkungen mit Ausnahme der letzten sind auch
für die pneumatische Kraftübertragung zutreffend. Aber da
die Reibung der Druckluft an den Rohrwandungen geringer als die
des Wassers ist, so kann das pneumatische System auf grössere
Entfernungen angewandt werden als das hydraulische. Es ist ferner
möglich, einen höheren Wirkungsgrad bei verschiedenen Belastungen
zu erzielen, wenn man die Empfangsmaschine mit einem Vorwärmer
versieht. Auf der anderen Seite ist jedoch ein Nachtheil zu ver-
zeichnen, welcher der Anwendung eines elastischen Fluidums eigen-
thümlich ist. Bekanntlich wird bei der Kompression von Luft
Wärme erzeugt. Damit nun die Luftpumpe nicht zu heiss wird,
muss die Luft in dem Augenblick, in dem sie komprimirt wird,
gekühlt werden. Dies geschieht, indem man den Kompressions-
eylinder mit einer Wasserkühlung umgiebt, oder Wasser durch den
Kompressionskolben cirkuliren lässt oder bei jedem Kolbenstoss
solches einspritzt. Die zuletzt genannte Methode ist die vortheil-
hafteste und wurde von Colladon bei den Luftkompressoren benutzt,
die beim Bau des Gotthard-Tunnels Anwendung fanden. Sie ist
auch von dem Popp’schen System angenommen, durch das Paris
mit Druckluft versorgt wird. Die Luft, welche mehr oder weniger
mit Feuchtigkeit gesättigt ist (ganz abgesehen von dem einge-