Full text: Elektrische Kraftübertragung

Statische, dynamische und motorische Charakteristik. 109 
erst ist der Verlust an elektromotorischer Kraft zu berücksichtigen, 
der von dem elektrischen Widerstand des Ankers herrührt. Dieser 
Verlust kann natürlich berechnet werden, indem wir die Stromstärke 
mit dem Widerstand multiplieiren. Aber ausserdem findet noch eine 
weitere Verminderung der elektromotorischen Kraft statt, welche 
sich folgendermaassen erklären lässt. Haben wir es z. B. mit einer 
zweipoligen Dynamomaschine zu thun, deren Bürsten genau recht- 
winklig zu dem polaren Durchmesser stehen, so wollen wir unsere 
Aufmerksamkeit auf die positive Bürste richten, also auf diejenige, 
an welcher der Strom den Anker verlässt. In allen Spulen, die auf 
der einen Seite dieser Bürste liegen, fliesst der Strom in derselben 
Richtung, z. B. an der Aussenseite des Ankers nach dem Kom- 
mutator hin, während er in den Spulen auf der andern Seite der 
Bürste in der entgegengesetzten Richtung fliesst. Es findet also eine 
Umkehrung des Stromes in jeder Spule statt, wenn diese die Bürste 
passirt. Während sie sich unter der Bürste befindet, ist sie kurz 
geschlossen, aber da sie im Moment vorher von der Hälfte des ganzen 
Ankerstroms durchlaufen wird, muss in Folge der Selbstinduktion 
noch ein Strom durch die kurzgeschlossene Spule fliessen. Dieser 
wird wegen des Widerstandes der Spule allmählich schwächer und 
nimmt bis auf Null ab, kann jedoch offenbar nicht umgekehrt werden. 
Aber sobald die Spule die Bürste verlässt, so wird in demselben 
Augenblick die Hälfte des ganzen Ankerstroms in entgegengesetzter 
Richtung hindurchgetrieben. Es entsteht deshalb ein heftiger Funken, 
welcher leicht dadurch vermieden werden kann, dass man die Bürste 
ein Stück vorwärts schiebt. Alsdann schneidet die Spule, während 
sie die Bürste passirt, Kraftlinien, welche in ihr eine elektromotorische 
Kraft induciren, die dem Strome entgegenwirkt und ihn schnell ver- 
nichtet. Aber diese Kraftlinien leisten noch mehr: sie rufen einen 
Strom in entgegengesetzter Richtung hervor, so dass der Strom in 
der Spule im Moment, wo sie die Bürste passirt, schon in derselben 
Richtung fliesst, wie später. Auf diese Weise vollzieht sich der 
Uebergang der Spule von der Stellung unter der Bürste, wo sie kurz 
geschlossen ist, zu der Stellung jenseits der Bürste, wo sie wieder 
in Wirkung tritt, ganz allmählich und ohne Funkenbildung. Durch 
das Vorschieben der Bürste haben wir den Funken vermieden, aber 
auch einige Kraftlinien aufgeopfert, die sonst die elektromotorische 
Kraft des Ankers vergrössert hätten und die in der That ausgenutzt 
werden, wenn die Maschine bei offenem Stromkreis läuft. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.