Einleitung. 9
übertragung gegenüber das Feld behaupten können. Es werden
bereits in der Schweiz allein mehrere Tausend Pferdekräfte auf
elektrischem Wege übertragen.
Auch in den Vereinigten Staaten giebt es viele Wasserkräfte,
die durch elektrische Uebertragung nutzbar gemacht werden können.
Im Jahre 1880 betrug die gesammte Energie, die von den Dampf-
und Wasserkräften des Landes geliefert wurde, 3400000 P, von
denen 1225000 P auf die Wasserkräfte entfielen. Bedenkt man,
dass die elektrische Kraftübertragung damals noch wenig entwickelt
war, so muss der grösste Theil der Wasserkräfte an Ort und Stelle
ausgenutzt worden sein; es giebt deshalb jedenfalls noch weit mehr
solcher Energiequellen, die erst mit Hülfe von elektrischer Ueber-
tragung verwendbar gemacht werden können.
In England spielt die elektrische Uebertragung von Wasserkräften
keine grosse Rolle. Denn einmal ist dort die Kohle billig, sodann
aber giebt es dort keine Wasserfälle von einiger Grösse, die nicht
schon in Benutzung genommen wären. Man findet jedoch auch hier
einige Beispiele von elektrischen Kraftübertragungen, von denen die
elektrische Bahn bei Portrush und die zwischen Bessbrook und Newry
erwähnt sein mögen.
Die elektrische Kraftübertragung dient überhaupt in vielen Fällen
nicht dazu, bisher unbenutzte Energiequellen nutzbar zu machen,
sondern sie soll nur die Vertheilung und Ausnutzung der Energie
erleichtern, die in einer Oentralstation erzeugt wird. Zu diesem Zweck
verbrennt man meistens Kohle und gewinnt damit Energie, die im
Allgemeinen theurer ist als Wasserkraft. Man überträgt alsdann die
Energie auf elektrischem Wege nach vielen Arbeitsplätzen, wo man
sonst überall kleine Dampfmaschinen aufstellen müsste und macht
dabei eine Ersparnis. Denn einmal hat die grosse Dampfmaschine
einen bessern Wirkungsgrad, sodann braucht man weniger Leute zur
Bedienung der einen Maschine. Ferner spart man an Platz, da der
Elektromotor einen weit geringern Raum beansprucht als eine voll-
ständige Maschinenanlage mit Kesselhaus, Kohlenlager u.s. w. Hierzu
kommt, dass der Motor für sehr verschiedene Belastungen denselben
Wirkungsgrad besitzt und dass man ihn jederzeit sofort anhalten und
wieder in Gang setzen kann, sodass er nie leer zu laufen braucht.
Bei einer Dampfmaschine und noch mehr bei dem Gasmotor erfordert
das Anlassen dagegen viel Mühe und Geschicklichkeit, so dass man
es möglichst zu vermeiden sucht und die Maschine lieber öfter leer