216 Achtes Kapitel.
Dieselbe Methode, die wir für die Untersuchung dieses beson-
dern Falles durchgeführt haben, lässt sich auf ähnliche Anlagen
anwenden und führt zu folgenden allgemeinen Schlussfolgerungen.
Der Widerstand der Leitung und der Maschinen ist möglichst
niedrig zu wählen, weil sonst der Wirkungsgrad und die höchste
zulässige Belastung herabgesetzt werden. Dies gilt nicht nur für
Kraftübertragungen, sondern überhaupt für solche Stromkreise, in
denen mehrere Generatoren oder Motoren parallel geschaltet sind.
Mässige Selbstinduktion und nicht zu starke Rückwirkung des
Ankers wirken beim Generator günstig, weil alsdann die Anlage bei
einem Kurzschluss keine Störung erfährt.
Dagegen soll die Selbstinduktion und die Rückwirkung des
Ankers beim Motor möglichst klein sein.
Sind der Motor und der Generator Maschinen von derselben
Grösse und gleicher Konstruktion, so ist der Motor stärker zu er-
regen als der Generator. Es ist jedoch günstiger, dem Motor eine
geringere Anzahl von Leitern auf dem Anker zu geben als dem
Generator. Denn dann ist die Selbstinduktion und die Rückwirkung
des Ankers beim Motor kleiner, und dieser braucht nicht stärker
erregt zu werden als der Generator. Unter allen Umständen soll der
Motor jedoch so stark erregt werden, dass er oberhalb des Knies
seiner Charakteristik arbeitet.
Bis jetzt haben wir bei unsern Berechnungen von dem Einfluss
der Kapaeität abgesehen. Es ist dies auch in den meisten Fällen
statthaft, wo die Kapacität so klein ist, dass man sie vernachlässigen
kann. So lässt sich eine Luftleitung von wenigen Kilometer Länge
so anlegen, dass ihre Kapaeität nur einen Bruchtheil eines Mikro-
farads beträgt; der Kondensatorstrom, der in diesem Falle in der
Leitung hin und her fliesst, ist im Verhältnis zu dem Arbeitsstrom
so gering, dass er den Betrieb der Anlage nicht beeinflusst. Wird
die Kraft aber auf grössere Entfernungen hin übertragen, so wächst
einerseits die Kapacität der Leitung, anderseits müssen wir auch
höhere Spannungen anwenden. In Folge dessen nimmt die Stärke
des Kondensatorstroms schnell zu. Ferner giebt es Fälle, wo man
eine Luftleitung nicht verwenden kann, sondern zu koncentrischen
Kabeln greifen muss, die bedeutende Kapacität besitzen, So hat
das Ferranti’sche Kabel zwischen Deptford und London eine
Kapacität von 0,23 Mikrofarad für das Kilometer, und wollte man
mittels eines solchen Kabels Energie über eine Entfernung von 32 km