272 Neuntes Kapitel.
annähernd gleich der Selbstinduktion für die betreffende Stromstärke,
die bei den getroffenen Versuchsbedingungen der Stromstärke bei
normaler Belastung gleich ist.
Die maximale Stärke des resultirenden Feldes ergiebt sich, wenn
man den Motor bei normaler Spannung unbelastet laufen lässt. Unter
diesen Umständen wird ein sehr schwacher Ankerstrom genügen,
um den Motor im Gange zu erhalten; in Folge dessen ist die er-
regende Kraft des Ankers so schwach, dass sie keine wesentliche
Rückwirkung auf das Feld ausübt. Der Radius Vektor OJ kommt
dann vertikal zu liegen; die Selbstinduktion und die elektromotorische
Gegenkraft fallen daher in eine Gerade, sodass die zugeführte Span-
nung gleich ihrer Summe wird. Da sich die Selbstinduktion für
jede Stromstärke nach der eben angegebenen Methode bestimmen
lässt, so ergiebt sich die elektromotorische Gegenkraft als Differenz
der zugeführten Spannung und der Selbstinduktion. Aus der elektro-
motorischen Gegenkraft und aus der Windungszahl der Magnetwick-
lung lässt sich leicht die Stärke des resultirenden Feldes mittels der
oben aufgestellten Formeln ableiten.
Man kann auf diese Weise durch einige einfache Versuche eine
gewisse Zahl von elektrischen Konstanten ermitteln, die sich nicht im
Voraus berechnen lassen. Um die Betriebsbedingungen eines Mehr-
phasenmotors gründlich zu untersuchen, sind natürlich umfassendere
Versuche anzustellen, von denen die direkte Bestimmung der mag-
netischen Streuung bei Leergang und voller Belastung wohl am
wichtigsten ist. Das Verhältnis des im Anker wirklich ausgenutzten
Induktionsflusses zu dem in den Feldmagneten erzeugten heisst
Streuungsfaktor; je mehr sich derselbe der Einheit nähert, um so
geringer ist die Selbstinduktion des Ankers und der Feldmagnete
und desto vollkommener ist der Motor.
Der Streuungsfaktor lässt sich durch folgenden Versuch er-
mitteln, den E. Kolben, Ingenieur der Oerlikoner Werke, an einem
Ipferdigen Dreiphasenmotor mit 6 Polen ausgeführt hat. Die Feld-
magnetwicklung besteht hier aus 36 Spulen mit je 7 Windungen;
die Ankerwicklung umfasst 90 Drähte, die in Bohrungen liegen und
in einer sechspoligen Trommelwicklung so angeordnet sind, dass sie
drei von einander unabhängige, in sich geschlossene Kreise bilden.
Um die magnetische Streuung beim Leerlauf zu bestimmen, wird die
richtige Ankerwicklung durch eine Versuchswicklung ersetzt, bei der
nur 30 von den 90 Bohrungen je zwei Drähte enthalten, die alle