Einleitung. 1
Die elektrische Kraftübertragung dient überhaupt in vielen
Fällen nicht dazu, bisher unbenutzte Energiequellen nutzbar zu
machen, sondern sie soll nur die Vertheilung und Ausnutzung der
Energie erleichtern, die in einer Centralstation erzeugt wird. Zu
diesem Zweck verbrennt man meistens Kohle und gewinnt damit
Energie, die im Allgemeinen theurer ist als Wasserkraft. Man über-
trägt alsdann die Energie auf elektrischem Wege nach vielen Arbeits-
plätzen, wo man sonst überall kleine Dampfmaschinen aufstellen
müsste, und macht dabei eine Ersparnis. Denn einmal hat die grosse
Dampfmaschine einen bessern Wirkungsgrad, sodann braucht man
weniger Leute zur Bedienung der einen Maschine. Ferner spart
man an Platz, da der Elektromotor einen weit geringern Raum bean-
sprucht als eine vollständige Maschinenanlage mit Kesselhaus, Kohlen-
lager u. s. w. Hierzu kommt, dass der Motor für sehr verschiedene
Belastungen denselben Wirkungsgrad besitzt und dass man ihn jeder-
zeit sofort anhalten und wieder in Gang setzen kann, sodass er nie
leer zu laufen braucht. Bei einer Dampfmaschine und noch mehr
bei dem Gasmotor erfordert das Anlassen dagegen viel Mühe und
Geschicklichkeit, so dass man es möglichst zu vermeiden sucht und
die Maschine lieber öfter leer laufen lässt. Zum Schluss ist es
nicht zu unterschätzen, dass der Elektromotor keine Hitze, kein
Geräusch und keine Unreinlichkeit verursacht und keine Explosions-
gefahr bietet.
Ausser bei grossen Bahnstationen, Hafenanlagen und Bergwerken
wendet man die Elektromotoren besonders in Werkstätten an. Man
treibt hier nicht allein Krähne, Aufzüge u. s. w. elektrisch, sondern
versieht auch in den besser eingerichteten Fabriken die Werkzeug-
maschinen mit Elektromotoren, die den Strom von einer Üentrale
empfangen. Man erreicht damit alle Vortheile, die eine einzige
grosse Maschinenanlage gegenüber vielen kleinen besitzt, sodann fallen
die langen Wellen und fast alle Riemenübertragungen fort, die viel
Energie verzehren und die theuer zu unterhalten sind.
Der elektrische Betrieb von Werkstätten kann auf zweierlei
Arten eingerichtet werden. Wir können entweder jede einzelne
Werkzeugmaschine mit einem besondern Motor versehen oder jedes-
mal einen solchen für eine Gruppe von zwei oder drei Maschinen
bestimmen, die dann alle von einer kurzen Welle getrieben werden.
Das erste System wendet man bei grossen Werkzeugmaschinen an,
die eine bedeutende Antriebskraft erfordern, das andere bei kleinen