22 Erstes Kapitel.
dieser Kraftlinie abhängig ist, die von derjenigen einer andern zu
demselben Felde gehörenden Kraftlinie verschieden sein kann, oder
wir könnten festsetzen, dass alle Kraftlinien dieselbe Stärke be-
sitzen, dass sie aber an verschiedenen Stellen des Feldes in ver-
schiedener Dichte verlaufen. Nach der letzten Annahme ist die Feld-
stärke an einer gegebenen Stelle oder die mechanische Kraft, die
auf einen freien Magnetpol ausgeübt wird, proportional der Anzahl
von Einheitslinien, die an der betreffenden Stelle durch die Einheit
der Fläche hindurchgehen. Es ist dies die zweckmässigere Art, die
Grösse der mechanischen Kräfte zu schätzen, welche durch das
magnetische Feld hervorgerufen werden, aber man darf sie als keine
geometrisch wahre Darstellung ansehen. Es geht dies aus folgender
Betrachtung hervor. Setzen wir voraus, dass eine mechanische Kraft
nur durch Kraftlinien ausgeübt wird, die wirklich den Magnetpol
durchsetzen, so kann durch den magnetischen Pol, der ein mathe-
matischer -Punkt ist, nur eine. Linie hindurchgehen und eine
mechanische Kraft ausüben. Diese Kraft würde deshalb von der
Dichte der Linien in der Nachbarschaft des Poles ganz unabhängig
sein. Wenn aber der Pol bei gleicher Stärke endliche Dimensionen
hat, so gehen in Wirklichkeit mehr Linien durch ihn hindurch, und
es würde eine grössere mechanische Kraft ausgeübt. Das Experiment
zeigt indessen, dass dies nicht der Fall ist und dass die mechanische
Kraft innerhalb vernünftiger Grenzen von der Ausdehnung des Pols
unabhängig ist und nur von dessen freiem Magnetismus abhängt.
Hieraus schliessen wir, dass eine strenge geometrische Vorstellung
von der Dichte der Linien in einem magnetischen Felde in derselben
Weise, wie wir uns die Dichte von Bäumen in einem Walde denken,
falsch sein würde. Wir können das Problem, eine geometrische
Darstellung der magnetischen Feldstärke für unsere Auffassung zu
finden, nicht lösen und müssen uns begnügen, den Begriff in dem
festgesetzten Sinne zu gebrauchen. Keinem ist es bis jetzt gelungen,
die Wirkung der Schwere zu erklären und sie anschaulich darzu-
stellen. Nichtsdestoweniger ist es für uns nicht schwierig, die ge-
bräuchlichen Ausdrücke der Beschleunigung, der Masse und des Ge-
wichts der Körper in unsern Berechnungen anzuwenden. Wir wissen,
dass das Gewicht eines Körpers gleich dem Produkt seiner Masse
und der Beschleunigung ist, die von der Schwere herrührt. Wenn
wir Polstärke statt Masse und Feldstärke statt Beschleunigung der
Schwere setzen, so finden wir das Analogon für das Gewicht, näm-